Der Häusermarkt könnte die EZB in eine Zwickmühle bringen
Die Eindämmung der Inflation ist das Hauptziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Bleibt die Inflation hoch, könnten weitere Zinserhöhungen zu Verwerfungen auf den Wohnungsmärkten führen. Angesichts ihrer Größe und Bedeutung könnte dies Auswirkungen auf die makrofinanzielle Stabilität haben, so merkt die Deutsche Bank an.
In den Boomjahren boten Investitionen in vielen Städten eine Nettomietrendite von etwa drei Prozent, die durch einen Hypothekenzins von einem Prozent finanziert wurde. Dies bot einen positiven Cashflow. Investoren konnten damit zweistellige Eigenkapitalrenditen erzielen. Jetzt, da die Hypothekenzinsen deutlich über drei Prozent liegen, habe sich das Blatt gewendet. Unterstellt man Finanzierungskosten von vier Prozent und kein Mietwachstum, dann müssten die Preise um 25 Prozent fallen, damit die Mietrenditen wieder die Gewinnschwelle erreichen. Erwarten die Investoren von Beginn an einen positiven Cashflow, dann seien noch deutlichere Preisrückgänge erforderlich. Die Deutsche Bank habe bereits im Frühjahr 2021 das Ende des Immobilienbooms in Deutschland verkündet, eine leichte Marktkorrektur erwartet, das Risiko eines Zinsschocks diskutiert und oft auf die Vorteile der verfügbaren Absicherungsinstrumente hingewiesen. „Leider wurden wir dennoch von den massiven Zinserhöhungen seit Dezember 2021 überrascht. Bis vor Kurzem waren die Anleger bereit, unser Szenario einer nur mäßigen Marktkorrektur zu akzeptieren. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass negative reale Kurzfristzinsen, ein historischer Inflationsschutz durch Wohneigentum, eine erhebliche Angebotsverknappung und ein steigendes Mietwachstum wichtige Faktoren sind, die die Preise bald stabilisieren dürften. Eine Preisdelle bleibt unser Basisszenario. Diese Sichtweise setzt jedoch voraus, dass die Zinserhöhungen frühzeitig gestoppt werden“, so heißt es seitens der Bank.
Lange Laufzeiten, feste Zinssätze, Absicherungen und hohe Gewinne der Boomjahre hätten dazu geführt, dass die Anleger in einer komfortablen Position seien, um die Verluste zu verkraften, wenn überhaupt welche anfallen. Einige Anleger stehen jedoch unter Druck. Sie seien sowohl mit fallenden Preisen als auch mit einem negativen Cashflow konfrontiert, da die Renditen unter den Refinanzierungskosten liegen. In letzter Zeit hätten Zentralbanker vermehrt auf die Hartnäckigkeit der Inflation hingewiesen; einige hätten sogar mit äußerst hawkischen Äußerungen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. „Wir glauben, dass die Häusermärkte weitere Zinserhöhungen schwer verkraften können. Weitere Investoren würden unter Zugzwang geraten und auch eine ausgewachsene Krise könnte bei weiteren massiven Zinserhöhungen in den Bereich des Möglichen rücken. Mehr als ein Jahrzehnt lang vertraten wir die Meinung, dass die stark steigenden Hauspreise in Deutschland keine Blase darstellen. An dieser Einschätzung halten wir fest. Andere Länder könnten jedoch deutlich krisenanfälliger sein. Die niedrigen Zinssätze haben die Preise in fast allen Ländern des Euroraums auf neue Höchststände getrieben“, so heißt es. Das Risiko eines Einbruchs am Häusermarkt in bestimmten Ländern des Euroraums nehme zu, wenn die EZB tatsächlich die sehr hawkischen Töne in die Tat umsetzen würde. „Wenn unsere Einschätzung richtig ist und die Inflation weiterhin nach oben überrascht, wird der Kompromiss zwischen Inflationsbekämpfung und Vermeidung makrofinanzieller Risiken zu einem zentralen Thema für die EZB“, so merkt die Deutsche Bank an. (DFPA/mb1)
Die Deutsche Bank AG ist eine international tätige Universalbank mit Sitz in Frankfurt am Main.