Deutsche Bank Research: Kaufen oder mieten? Strukturelle Unterschiede in Europa
In Europa sind die Schweiz und Deutschland traditionell „Schlusslichter“ bei der Wohneigentumsquote - trotz Anstiegen gegenüber den 1990er Jahren. Die Deutsche Bank Research, verantwortlich für die volkswirtschaftliche Analysen der Deutschen Bank, hat die Ursache dafür genauer betrachtet: So verfügen beide Länder über einen vergleichsweise gut entwickelten Mietmarkt – gewissermaßen Ursache und Folge des geringeren Eigentümeranteils. Hinzu kommen jeweils spezielle historische Gründe, wie die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg, der zur Stärkung des Mietangebots beitrug, und die Auswirkungen der deutschen Teilung (nach wie vor niedrigere Eigentumsquoten in den neuen Bundesländern).
In der Schweiz war es wiederum bis 1965 in der Regel nicht möglich, in Mehrfamilienhäusern Wohneigentum zu bilden. Auch seien hier die Immobilienpreise relativ zum Einkommen der Haushalte verhältnismäßig hoch gewesen. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive haben hohe Eigentumsquoten Vor- und Nachteile: Eigentümerhaushalte sparen üblicherweise mehr, auch ist Wohneigentum Bestandteil der individuellen Altersvorsorge. Allerdings sind Eigentümerhaushalte oft weniger mobil. Existieren gut funktionierende Kauf- und Mietmärkte parallel, kann dies zudem die Finanzmarktstabilität erhöhen, weil die Risiken einer (Immobilien-)Blasenbildung mit potenziell großem gesamtwirtschaftlichen Schaden geringer sind.
Mehr als die Verbreitung von Wohneigentum ist jedoch dessen Finanzierung für die Finanzmarktstabilität ausschlaggebend. Ein genauerer Blick zeige hier Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz: Letztere hat zwar eine noch geringere Eigentumsquote, aber der Anteil der Bevölkerung, die für ihr Wohneigentum einen Kredit abzuzahlen hat, ist in der Schweiz höher (rund 40 Prozent gegenüber 27 Prozent in Deutschland). Ähnliches gilt, wenn man Immobilienkreditschulden von Haushalten im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt BIP betrachtet, die in Deutschland derzeit bei unter 40 Prozent, in der Schweiz aber bei mehr als 100 Prozent liegen.
Quelle: Deutsche Bank Research
Deutsche Bank Research verantwortet die volkswirtschaftliche Analyse in der Deutsche Bank Gruppe und berät die Bank, ihre Kunden und Stakeholder. (mb1)