Deutsche Wohnimmobilien sind kein Kartenhaus
Hypothekenschulden erhöhen die gesamtwirtschaftlichen Schuldenquoten überproportional: Die Investitionen in Neubau, Renovierungen und Reparaturen und die Wertschöpfung von Maklern und Notaren sind oft deutlich geringer als die Ausweitung des Schuldenvolumens. Eine nachhaltige Erhöhung der Hypothekenschulden unterminiert daher die gesamtwirtschaftliche Schuldentragfähigkeit. Der Anteil der Hypotheken an den Gesamtkrediten der Banken aber steigt weltweit im Trend immer weiter. Seit 1900 hat sich ihr Gewicht in einer Gruppe von insgesamt 17 Ländern auf fast 60 Prozent verdoppelt. In einer Untergruppe von wichtigen Industrieländern liegt die Quote alleine für (Wohnungsbau)-Hypotheken im Bereich 50 bis 70 Prozent. Dazu kommen jeweils noch einmal 20 bis 25 Prozent für Kredite, die mit Gewerbeimmobilien besichert sind. Darauf weist die Landesbank Hessen-Thüringen Helaba in einer Analyse von Risiken und Hintergründen des Wohnimmobilienmarktes hin und skizziert Lösungsmöglichkeiten.
Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken Fed und EZB berge eine nicht zu unterschätzende Gefahr, so die Studie, denn eine zu laxe Geldpolitik trage die Hauptverantwortung für die Hypothekenblasen seit dem Jahr 2000. Global sei deshalb eine bessere Regulierung der zunehmenden Risiken angezeigt, denen sich Banken durch den Fokus auf Immobilienkredite aussetzen. Hier sei der entscheidende Ansatzpunkt für „makroprudenzielle“ Instrumente, wie im Zyklus variable Eigenkapitalquoten oder anpassbare Obergrenzen für Darlehen, die sich am Einkommen beziehungsweise dem Wert des Hauses orientieren.
Für Deutschland sieht die Studie derzeit keine Gefahr einer Immobilienblase. In Deutschland dominiere die klassische Festzinshypothek, typischerweise mit einer Laufzeit von 10 bis 15 Jahren. „Mortgage Equity Withdrawal“, also die zusätzliche Beleihung von Wohneigentum, ist praktisch ausgeschlossen, nicht zuletzt, weil Vorfälligkeitsentschädigungen im Vergleich mit den USA die frühzeitige Tilgung eines Kredits und gleichzeitige Aufnahme einer höheren Hypothek unattraktiv machten. Dennoch gebe es Indikatoren, die zur Vorsicht mahnten. Laut OECD sind in Deutschland seit 2010 die landesweiten Hauspreise im Verhältnis zu den Mieten um 20 Prozentpunkte und im Verhältnis zu den Einkommen um 15 Prozentpunkte gestiegen – jeweils der zweithöchste Anstieg über diesen Zeitraum in den 29 OECD-Ländern. Dies seien jedoch Veränderungen, die von im internationalen Vergleich niedrigen Niveaus ausgingen.
Quelle: Research Helaba
Die Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba), eine Anstalt öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main und Erfurt, ist in den Geschäftsfeldern Sparkassenverbundbank, Förderbank und Geschäftsbank tätig. Zum Helaba-Konzern gehören die Frankfurter Sparkasse, die Direktbank 1822direkt, die LBS Hessen-Thüringen und die Förderbank WIBank. Er beschäftigt rund 6.300 Mitarbeitern und hat eine Bilanzsumme von rund 179 Milliarden Euro. (AZ)