"Disruptive Kräfte verändern den Finanzmarkt"
Obwohl sich die Finanzmärkte von den Kursstürzen Ende des vergangenen Jahres erholt haben, bleiben das Investmentumfeld und die Marktaussichten für Anleger ungewiss. Viele Bedenken aus 2018 sind heute gleichermaßen präsent, schreiben David Giroux, Chief Investment Officer of Equity and Multi-Asset, und Mark Vaselkiv, Chief Investment Officer of Fixed Income – beide bei T. Rowe Price, in einem Marktkommentar.
„Vergangenes Jahr war geprägt von einem starken Gewinn- und BIP-Wachstum, angetrieben von Steuersenkungen und fiskalischen Stimuli“, analysiert Giroux. „Wir sind allerdings bereits zum Jahreswechsel von einem langsameren Wachstum im Jahr 2019 ausgegangen. Durch die Markterholung sind Aktien heute etwas zu hoch bewertet. Zu einem solch späten Zeitpunkt des Konjunkturzyklus müssten die Bewertungen eigentlich niedriger sein.“
Eine Veränderung zum Vorjahr sieht Giroux bei der amerikanischen Zentralbank (Fed). Diese erwecke den Anschein die restriktive Geldpolitik zu verlangsamen. Vaselkiv ergänzt, dass sich als Folge die Anleihen-Spreads verringert haben. Insgesamt seien Anleihen zwar angemessen bewertet, deutliche Unterschiede gäbe es allerdings zwischen verschiedenen Ländern, da die globalen Kreditzyklen sehr wenig synchronisiert abliefen. Während die USA und Kanada in der Expansionsphase seien, befänden sich China und Brasilien bereits in der Reparatur-Phase. Während Übergewichtung in erstgenannter Phase Risiken berge, eigne sich letztgenannte für langfristige Investitionen.
Risiken bürgen häufig Chancen – zum Beispiel säkulare Risiken. Dabei handelt es sich um disruptive Veränderungen wie wettbewerbsbedingte Faktoren, technologische Entwicklungen, verändertes Konsumentenverhalten oder Regulatorien, die strukturell und langfristig angelegt sind. Laut Giroux sind 31 Prozent der Unternehmen des amerikanischen Aktienmarktes von säkularen Risiken betroffen. Vor zwei Jahren seien es noch ungefähr 20 Prozent gewesen.
Möglichkeiten, solche säkularen Risiken zu überstehen, seien zwar vorhanden, die Chancen stünden aber schlecht. Entscheidender seien jene Sektoren, die von den Entwicklungen profitieren. Beispielsweise Versorgungsunternehmen, die durch erneuerbare Energien Wachstum generieren und zeitgleich Kosten senken können. Auch Industriekonzerne und Teile der Informationsdienste sind weniger betroffen.
Erhöht sich der Einfluss säkularer Risiken, habe dies auch Einfluss auf Investoren. Die Anzahl der attraktiven Sektoren schrumpfe. Entsprechend auf die Risiken zu reagieren, ist daher elementar. Schwierig werde dies, wenn altbekannte Methoden an Effektivität verlieren – zum Beispiel das Prinzip der Mean Reversion. Schwächelt ein Unternehmen wegen zyklischer Marktbewegungen, kann es darauf reagieren. Das Management kann ausgetauscht werden, Aktien können zurückgekauft werden. Schwieriger wird es, wenn Unternehmen disruptiven Entwicklungen unterliegen. Wichtig ist es daher, betroffene Unternehmen zu identifizieren. Während säkulare Risiken passives Investieren herausfordern, können sie aktiven Investoren Rückenwind geben.
Auch der Anleihenmarkt werde von säkularen Risiken beeinflusst. Bei der Auswahl sollten daher Unternehmen im Fokus stehen, die von den Entwicklungen profitieren und über ausreichend Cash Flow verfügen. Besonders fehlende Liquidität sei häufig für Unternehmen mit einer Bonität unterhalb Investment-Grade ein Problem, analysiert Vaselkiv. Als die Fed Ende vergangenen Jahres ihre Meinung gegenüber Zinserhöhungen angepasst hat, wären im gesamten Fixed-Income-Bereich erhebliche Abflüsse aus Bankkrediten zu beobachten gewesen.
Durch eine stark angewachsene Unternehmensverschuldung und Regulatorien hat sich der Handlungsspielraum an der Wall Street stark reduziert. In Folge der fehlenden Liquidität steigen Unsicherheiten und Volatilität im Fixed-Income-Bereich. „Dennoch bietet auch der Anleihenmarkt nach wie vor attraktive Opportunitäten. Wenn kurzfristige Investoren aussteigen und sich die Spreads weiten, bieten sich geeignete Einstiegszeitpunkte für langfristige Investoren“, schließt Vaselkiv.
Quelle: Marktkommentar T. Rowe Price
T. Rowe Price ist eine globale Investmentgesellschaft mit 962 Assets under Management per 31. Dezember 2018. Das 1937 gegründete Unternehmen hat seinen Sitz in Baltimore (USA) und ist mit eigenen Büros in den USA und Kanada, EMEA und Asien präsent. (JF1)