Divergenz wirkt sich auf die Märkte aus
Da die Märkte auf die gegensätzlichen politischen und wachstumsrelevanten Einflussfaktoren reagieren, wird das Thema Divergenz im Jahr 2015 einen entscheidenden Punkt erreichen. Kräftiges Wachstum in den USA könnte im Laufe des Jahres zu einer ersten Zinserhöhung seit der Krise führen, wohingegen die Notenbanken der weiteren wichtigsten Volkswirtschaften aufgrund wirtschaftlicher Schwäche unbeeindruckt im Modus geldpolitischer Lockerung verharren werden. Zu dieser Einschätzung kommt Andrew Wilson, CEO für die EMEA-Region bei Goldman Sachs Asset Management, in einem Marktkommentar.
Zwar agiere das Unternehmen in diesem volatilen Marktumfeld vorsichtig, könne jedoch auch für die Zukunft weiter Chancen erkennen: So werde laut Wilson 2015 im Vorfeld der erwarteten globalen Erholung mit einer Beschleunigung des US-Wirtschaftswachstums gerechnet. Trotz des hartnäckigen Deflationsdrucks sei in der Eurozone und in Japan ein moderater Aufschwung wahrscheinlich. In China dürfte sich das Wachstum dank geldpolitischer und steuerlicher Anreize auf einem Niveau von knapp sieben Prozent halten.
Rückenwind verleihen dem globalen Wachstum die niedrigeren Ölpreise - die größten Volkswirtschaften seien Nettoimporteure und ihre Einsparungen dürften die negativen Auswirkungen für die Ölexporteure mehr als kompensieren. Preisrückgänge haben laut Marktkommentar auch die Gesamtinflation weiter gedrückt, dies sei wahrscheinlich aber nur eine vorübergebende Auswirkung. Zur Vorsicht rät Wilson bei diesen volatilen Bedingungen auf den Kreditmärkten, er erkenne jedoch Potenzial in einigen überverkauften Sektoren in den Schwellenländern und im Hochzinssegment. Der Energiesektor etwa sei deutlich untergewichtet, es werde aber davon ausgegangen, dass andere Sektoren wie Fluggesellschaften, Autohersteller und Wohnbauunternehmen von den niedrigen Ölpreisen profitieren werden.
Die Arbeitsmarktindikatoren und ein robustes Wachstum in den USA werden die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) darin bestärken, etwaige kurzfristige Inflationsbewegungen nicht zu hoch zu bewerten. Wilsons Meinung nach seien die Zinsen in den USA angesichts der wirtschaftlichen Stärke zu niedrig - zudem sende die Fed immer deutlichere Signale, dass eine Zinserhöhung im Juni wahrscheinlich werde. Das Hauptrisiko bestehe in diesem Zusammenhang darin, dass globale Anleger weiteres Potenzial in Staatsanleihen sehen könnten, da sich die Bank of Japan (BoJ) und die Europäische Zentralbank weiterhin auf niedrige Zinsen fokussieren. Obwohl die Fed keine Staatsanleihen mehr kaufe, habe sich die Angebots- und Nachfragesituation für US-Treasuries verschlechtert, was zu weiterem Aufwärtsdruck auf die Zinsen führen könnte. Vor diesem Hintergrund erwarte Wilson für die USA höhere staatliche Zinssätze, engere Kredit-Spreads bei Unternehmen und eine weitere Aufwertung des US-Dollar.
Mit Blick auf das neue Jahr sei Goldman Sachs Asset Management angesichts der Aussichten auf eine quantitative Lockerung in der Eurozone in Bezug auf den Euro negativ und gegenüber Staatsanleihen von Peripherieländern verhalten positiv eingestellt. Weitere Anreize seien bereits in den Kernmärkten eingepreist und halten eine neutrale Position bei deutschen Bundesanleihen.
In Japan sein die Renditen auf ein sehr niedriges Niveau gesunken. Das kräftiger werdende Wachstum und die geringe Wahrscheinlichkeit weiterer Eingriffe der BoJ in naher Zukunft könnten mehr inländische Anleger davon überzeugen, zu ausländischen Anlagen mit höherer Verzinsung zu wechseln. Der Government Pension Investment Fund – der weltweit zweitgrößte Pensionsfonds – habe bereits eine Reduzierung der japanischen Anleihen zugunsten von Aktien angekündigt. Demzufolge werde in der Mittelsektion der Renditekurve der Japanese Government Bonds (JGB) einen Renditeanstieg im Jahr 2015 erwartet und deshalb zu einer Untergewichtung tendiert. Künftig werde das Kaufverhalten der BoJ weiteren Druck auf die Renditen von JGB mit langen Laufzeiten ausüben – im Gegensatz zu den Renditen britischer Staatsanleihen. In Großbritannien habe die starke Nachfrage der Pensionsfonds die Zinsen auf Staatsanleihen mit langen Laufzeiten trotz der makroökonomischen Erholung und der steigenden US-Renditen auf sehr niedrigem Niveau gehalten. Folglich wirken die Zinsen auf langfristige Titel im historischen Vergleich teuer, selbst im Vergleich zu intensiven Liability-Driven Investments. Wilson tendiere deshalb zu einer Untergewichtung von langlaufenden UK-Anleihen gegenüber einer Übergewichtung von US-, japanischen und australischen Titeln.
Quelle: Goldman Sachs Asset Management
Goldman Sachs Asset Management (GSAM) ist der 1988 gegründete Geschäftsbereich Assetmanagement der Goldman Sachs Group, Inc. mit Sitz in New York. Das 1869 gegründete Unternehmen bezeichnet sich selbst als eines der führenden global tätigen Investmentbanking-, Wertpapier- und Vermögensverwaltungshäuser. GSAM beschäftigt über 2.000 Mitarbeiter und verwaltet ein Vermögen in Höhe von 992 Milliarden US-Dollar. (mb1)