Donner & Reuschel: Das Rätsel um die ausbleibende Inflation
Mit der Verlängerung der Forward Guidance der Europäischen Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche wurde Gewissheit, was viele Anleger schon ahnten: die Leitzinsen in der Eurozone werden frühestens im zweiten Halbjahr 2020 steigen. Die in dieser Woche anstehenden Veröffentlichungen der endgültigen Mai-Inflationsraten verschiedener Eurostaaten belegen, dass die Notenbank derzeit keinerlei Veranlassung hat, an der Zinsschraube zu drehen, so heißt es bei „Mumm kompakt“, einer Einschätzung von Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel.
In Spanien werde mit einem Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozent, in Frankreich um 1,0 Prozent gerechnet. In Deutschland werde ein Wert in Höhe von 1,4 Prozent erwartet – ebenfalls unterhalb der Zielzone der EZB von nahe, aber unter zwei Prozent. Selbst der nahezu voll ausgelastete deutsche Arbeitsmarkt mit einem fast chronischen Fachkräftemangel erzeuge kaum lohninduzierten Preisdruck. Auch in den USA und in China mit prognostizierten 1,9 beziehungsweise 2,5 Prozent Preissteigerung bewege sich die Inflation im außergewöhnlich niedrigen Rahmen. Weltweit dämpften die Effekte der Globalisierung und der Digitalisierung weiterhin den Preisdruck. Hinzu kämen in vielen Industriestaaten eine alternde Bevölkerung, die im Schnitt mehr spart und weniger ausgibt, sowie der Schwenk von tendenziell höher bezahlten Industrie-Jobs zu mehr Beschäftigung in Dienstleistungsbereichen. Es sei gut möglich, dass die Inflation strukturell, global und dauerhaft auf niedrigen Niveaus verharrt - keine guten Aussichten für die Hoffnung auf Zinssteigerungen.
Quelle: Markteinschätzung „Mumm kompakt“ von Donner & Reuschel
Die Donner & Reuschel AG ist eine Privatbank mit Hauptsitz in Hamburg. Das 1798 gegründete Unternehmen, das seit 1990 zur Versicherungsgruppe Signal Iduna gehört, beschäftigt rund 580 Mitarbeiter. (mb1)