"Energiewende-Index" von McKinsey: Deutschland tritt auf der Stelle
Deutschland tritt beim Erreichen seiner Klimaziele aktuell auf der Stelle. Trotz zuletzt rückläufiger Zahlen liegt Deutschland mit aktuell 854 Millionen Tonnen CO2-Äqivalent (CO2e) im Jahr derzeit mehr als 100 Millionen Tonnen über dem von der Bundesregierung gesteckten Ziel für 2020. Gemessen am Ziel für 2030 ist der Ausstoß sogar fast 300 Millionen Tonnen zu hoch. Dies sind Ergebnisse aus dem neuen Stand des „Energiewende-Index“, den die Unternehmensberatung McKinsey & Company seit 2012 halbjährlich veröffentlicht. Der Index wurde diesmal um die Ergebnisse der Studie „Decarbonisation pathways“ ergänzt, für die McKinsey im Auftrag des Branchenverbands Eurelectric das Dekarbonisierungspotenzial durch Elektrifizierung in den Sektoren Transport, Gebäude und Wärme sowie in der Industrie untersucht hat.
Der „Energiewende-Index“ mit seinen 14 Indikatoren hat sich seit der vorigen Erhebung im Herbst 2018 nicht verbessert: Weiterhin sind nur sechs Indikatoren in ihrer Zielerreichung als realistisch eingestuft: die Zahl der Arbeitsplätze sowohl in Erneuerbaren Energien als auch in stromintensiven Industrien, der Anteil an Stromerzeugung aus den Erneuerbaren insgesamt sowie trotz zuletzt eines Anstiegs der Stromausfälle der Indikator „Ausfall Stromversorgung“ und „Gesicherte Reservemarge“.
Eine positive Entwicklung gebe es bei den Industriestrompreisen: Während das Preisniveau für Strom auf EU-Ebene fast unverändert blieb, sanken die Preise für Industriekunden in Deutschland um drei Prozent. Mit jetzt 8,6 Cent pro Kilowattstunde (kWh) liegen sie nur noch 5,1 Prozent über dem europäischen Schnitt. 2010 waren es noch 8,5 Prozent.
Eine erneute Verteuerung droht allerdings durch weiter steigende Netzentgelte und Börsenstrompreise. Bei sieben Indikatoren erscheint das Erreichen der Ziele nach wie vor unrealistisch. Die Haushaltsstrompreise sind im EU-Vergleich immer noch hoch, die EEG-Umlage verharrt seit 2014 knapp unter 7 ct/kWh. Der Primärenergieverbrauch ging zuletzt dank der milden Witterung – ebenso wie der CO2e-Ausstoß – zwar leicht zurück, sei aber immer noch zu hoch. Mit nur 49 Kilometer Neutrassen in sechs Monaten vollziehe sich der Netzausbau weiter schleppend. Von den in den verabschiedeten Ausbauplänen vorgesehenen 3.582 Kilometer bis 2020 sind insgesamt erst 961 Kilometer fertiggestellt.
Die Analysen der Eurelectric-Studie zeigen, wie Europa bis 2050 durch eine konsequente Elektrifizierung von Anwendungen in Industrie, Verkehr und Gebäuden den Ausstoß von Treibhausgasen um bis zu 95 Prozent senken könnte. Voraussetzung dafür sei der Studie zufolge eine Elektrifizierungsquote von mindestens 60 Prozent. Die Strombranche habe durch die Umstellung auf Erneuerbare Energien bei der Stromerzeugung in den vergangenen Jahren ihren Kohlendioxidausstoß deutlich reduzieren können. Dies lasse den Schluss zu, dass die Elektrifizierung die CO2e-Reduktion auch in anderen Sektoren noch stärker vorantreiben könne. Voraussetzung dafür seien insbesondere Maßnahmen wie der fortgesetzte Ausbau an Erneuerbaren Energien sowie der erforderlichen Netzinfrastruktur.
Quelle: Pressemitteilung McKinsey
McKinsey & Company ist eine weltweit tätige Unternehmensberatung mit 120 Büros in mehr als 65 Ländern. (mb1)