"Europäische Aktien: konzentrierte Höchstleistung"
Die europäischen Aktienmärkte haben sich seit dem Tief Ende September 2022 allen Widrigkeiten zum Trotz ausgesprochen gut entwickelt. Das starke Kursplus ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum einen hat Europa die beispiellose Energiekrise des vergangenen Jahres erfolgreich überwunden. Zum anderen setzte in den ersten drei Monaten dieses Jahres eine ausgeprägte Rotation in Qualitäts- und Wachstumsaktien ein, so merkt Mario Montagnani an, Senior Investment Strategist bei dem Vermögensverwalter Vontobel.
In Folge der Kreditkrise, die in den USA mit dem Kollaps der SVB begann, gaben Anleger großen Unternehmen mit robustem Wachstums- und Qualitätsprofil, starker Cash-Generierung und sehr geringem Fremdkapitalanteil den Vorzug gegenüber Small Caps. Diese Umschichtung spiegelt sich in den USA in der starken Performance des Nasdaq-Technologieindex wider, der im ersten Quartal in absoluten Zahlen um 24 Prozent zulegte und damit die beste Quartalsperformance seit 2009 erzielte.
Interessanterweise behauptete sich der europäische Aktienmarkt gleichzeitig gegenüber dem US-Markt und erreichte dabei fast die historischen Höchststände von 2007. Das sei bemerkenswert, da Technologiewerte in Europa ein wesentlich geringeres Gewicht haben. Bei genauerer Analyse zeige sich, dass die starke Wertentwicklung des Euro STOXX-Index vor allem von der starken Performance einer relativ kleinen Anzahl von Unternehmen getrieben werde. Dabei handele es sich jedoch um Aktien, die den Index nach Marktkapitalisierung dominieren. Auf Sektorebene entfiel ein Drittel der Index-Performance von rund 15 Prozent seit Jahresbeginn auf Konsumgüterwerte. Dazu habe die Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft seit Dezember vergangenen Jahres sicher einen großen Beitrag geleistet. Den zweitgrößten Beitrag zur Index-Performance leistet mit 15 Prozent der Technologiesektor, dessen Gewicht in der EU aber deutlich geringer sei als in den USA. Insgesamt 75 Prozent der bisherigen Jahresperformance des Euro STOXX-Index stammten von vier bis fünf von insgesamt zwölf Sektoren. In diesen Sektoren erreicht die Bewertung inzwischen ein erwartetes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 20, für den Gesamtindex liegt die Bewertung dagegen lediglich bei zwölf. Die Mehrheit der Sektoren habe zuletzt eine unterdurchschnittliche Performance erzielt, diese Sektoren handeln zu mittleren bis niedrigen KGVs und bieten demzufolge wahrscheinlich geringere Wachstumsaussichten. Dagegen stehen laut Montagnani die 20 bedeutendsten Aktien im Euro STOXX-Index für 55 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung der insgesamt 600 Unternehmen. Der Euro STOXX-Index sei damit zwar weniger stark polarisiert als der US-Markt, wo beispielsweise zwei Aktien wie Microsoft und Apple mit über vier Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung den gesamten Russel 2000-Index übertreffen. Doch auch der europäische Markt zeige deutliche Polarisierungstendenzen. So mache die Performance der 20 wichtigsten Aktien fast 70 Prozent der absoluten Index-Performance von 15 Prozent seit Jahresbeginn aus. Der Beitrag der Luxuswerte wie dem Index-Schwergewicht LVMH, aber auch Hermes, Kering, L'Oreal und weiteren Luxusmarken hat seit Anfang des Jahres rund 40 Prozent zur Performance des Index beigetragen. (DFPA/mb1)
Die Vontobel Holding AG ist eine international tätige Schweizer Privatbank mit Sitz in Zürich. Sie ist auf die Vermögensverwaltung für Privatkunden und institutionelle Anleger sowie das Investment Banking spezialisiert.