Feri-Studie: Finanzdienstleistungsbranche größter Verlierer des Brexit
Unter den Folgen des Brexit-Votums werden neben der Finanzdienstleistungsbranche vor allem die Automobilindustrie sowie die Bauwirtschaft leiden. Das geht aus einer Analyse des Investmenthauses Feri hervor, bei der die Auswirkungen der Brexit-Entscheidung auf die einzelnen Branchen untersucht wurden. Demnach müsse Großbritannien in den kommenden Quartalen mit einer rückläufigen Wirtschaftsleistung rechnen - vor allem aufgrund einbrechender Investitionen.
„Großbritannien steht kurz vor der Rezession“, bringt Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt von Feri, die Studienergebnisse auf den Punkt. Unter den rückläufigen Investitionen leiden laut Feri zudem die Hersteller von Investitionsgütern, der Einzelhandel, die personenbezogenen Dienstleistungen, die Konsumgüterindustrie sowie Transport und Logistik.
Der Finanzdienstleistungssektor erscheint in der Studie als größter Verlierer. Bereits im Jahr 2017 werde dieser Sektor mit minus fünf Prozent den stärksten Rückgang der Wertschöpfung unter allen Sektoren aufweisen. Maßgeblich hierfür dürfte sein, dass die Abwanderung von Finanzdienstleistungen und der dazu benötigten Mitarbeiter unabhängig vom Stand der Austrittsverhandlungen bereits frühzeitig in Gang kommen dürfe. Langfristig zeigten die Berechnungen von Feri, dass der Anteil der Finanzdienstleistungen an der Gesamtwirtschaft sinken und von 7,7 Prozent bis zum Jahr 2030 auf sechs Prozent zurückfallen könnte. Damit wäre ein Niveau erreicht, das es zuletzt Mitte der 80er Jahre gab. Weil die Perspektiven für die Banken und Versicherungen wesentlich von den vertraglichen Vereinbarungen mit der EU sowie von eventuellen Gegenmaßnahmen der britischen Regierung zur Förderung dieses Sektors abhängen, sei diese Prognose naturgemäß mit hohen Unsicherheiten behaftet.
Unter den bereits jetzt spürbaren negativen Auswirkungen des Brexit auf den Immobilienmarkt litten auch das Immobilienwesen sowie die Bauwirtschaft. In beiden Bereichen werde die Wertschöpfung im kommenden Jahr stärker rückläufig sein als in der Gesamtwirtschaft.
Im Fokus der Märkte stehe derzeit auch die Luftfahrt: Das schwache Pfund, der Rückgang der Geschäftsreisen und die schwächere Einkommensentwicklung führten zu einem Umsatzrückgang um knapp fünf Prozent - nach einem immer noch sehr hohen Wachstum um 8,5 Prozent im laufenden Jahr. Langfristig dürfte vor allem die Regelung der Landerechte in der EU von Bedeutung sein, weil gerade das Geschäft der innereuropäischen Billigfluglinien nach einem Austritt mit höheren Kosten verbunden wäre.
„Gewinner unter den Branchen gibt es vor dem Hintergrund einer gesamtwirtschaftlichen Rezession kaum“, sagt Angermann. Sollten in größerem Maße als bisher finanzielle Mittel in den Gesundheitssektor fließen, könnte dieser vom EU-Austritt profitieren. „Eine quantitative Abschätzung scheint aber angesichts der negativen Folgen des Brexit für den Staatshaushalt und der Unsicherheit, inwieweit dieses Versprechen politisch Bestand hat, derzeit kaum möglich“, so Angermann. Die Abwertung des Pfund erhöht allerdings die Attraktivität Großbritanniens als Reiseziel, wovon das Hotel- und Gastgewerbe profitieren könnte.
Quelle: Pressemitteilung Feri
Die 1987 gegründete Feri-Gruppe mit Sitz in Bad Homburg ist in den Geschäftsfeldern Vermögensberatung und -verwaltung, Wirtschaftsforschung und Rating tätig. Seit 2006 gehört die Unternehmensgruppe zum MLP-Konzern. Zusammen werden derzeit 29 Milliarden Euro Assets unter Verwaltung und Beratung betreut. (mb1)