Finanzwirtschaft: Covid-19 beschleunigt Bedeutungsverlust klassischer Institute
In der Pandemie spielen Banken derzeit eine entscheidende Rolle: Mit ihren Krediten stabilisieren sie die Realwirtschaft und sichern strauchelnden Betrieben das Überleben. Krisengewinner sind die traditionellen Finanzinstitute dennoch nicht, wie die Studie „Securing your tomorrow, today – The future of financial services“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC feststellt.
Die Corona-Krise beschleunige demnach den Umbruch im Finanzsektor. In der Post-Corona-Welt werden klassische Finanzinstitute gleich aus mehreren Gründen ins Hintertreffen geraten, stellt die PwC-Untersuchung fest: Zum einen verschlechtere sich durch die Krise die Kreditwürdigkeit von Unternehmen wie Konsumenten. Dies habe zur Folge, dass das Volumen der vergebenen Kredite in diesem Bereich sinkt. Zum anderen belassen Zentralbanken das Zinsniveau auch auf absehbare Zeit auf einem historisch niedrigen Niveau, um die wirtschaftliche Erholung nicht zu gefährden. Denn die Auswirkungen der Pandemie werden laut PwC in der Realwirtschaft auf auch Jahre hinaus noch deutlich zu spüren sein. „Die Zukunftsaussichten für einzelne Sektoren und Unternehmen der Finanzbranche unterscheiden sich deutlich“, sagt Clemens Koch, Financial Services Leader bei PwC Deutschland. „Besonders der Druck auf traditionelle Banken und Versicherungen wächst. Anbieter von Payments und Private Debt hingegen können aktuell profitieren. Langfristig wird auch die Bedeutung von Plattform-Ökosystemen gewinnen und gewachsene Marktstrukturen weiter aufbrechen.“
Unternehmen seien zunehmend gezwungen, mehr als eine Finanzierungsquelle zu nutzen. So gewinne Private Debt immer größere Bedeutung – und damit Kreditfonds, die außerhalb des Kapitalmarkts Fremdfinanzierung für Unternehmen bereitstellen. Bereits vor der Pandemie legte diese Anlageklasse rasant zu: In den vergangenen zehn Jahren verzeichnete Private Debt laut PwC ein Wachstum von satten elf Prozent pro Jahr. Allein im Jahr 2019 summierte sich das von Nichtbanken bereitgestellte Kreditvolumen auf 41 Billionen Dollar, das durch traditionelle Banken bereitgestellte Kreditvolumen belief sich hingegen auf 38 Billionen Dollar. Seit rund zehn Jahren wächst der Nicht-Bankensektor damit deutlich stärker als die traditionellen Banken. So legte das Volumen alternativer Kapitalgeber seit 2010 im Schnitt um 2,3 Prozent pro Jahr zu, das Wachstum bei Banken lag dagegen nur bei 0,6 Prozent pro Jahr. Im weiteren Verlauf der Pandemie werde sich dieser Trend noch deutlich beschleunigen.
Für die klassischen Institute stelle sich damit allerdings auch die Frage nach ihrem künftigen Geschäftsmodell: Welche Rolle spielen sie im Finanzsektor noch, wenn alternative Kapitalgeber ihnen den Rang ablaufen? „In Deutschland dominieren aktuell traditionelle Institute mit der Kreditvergabe in Höhe von 2,7 Billionen Euro an Unternehmen und Privatkunden - Anbieter aus dem Nicht-Banken-Sektor verliehen 2019 dagegen lediglich 1,2 Billionen Euro. Allerdings wachsen Nicht-Banken hierzulande in diesem Kreditsegment mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5,6 Prozent seit 2010 deutlich stärker als traditionelle Institute (2,3 Prozent jährlich im gleichen Zeitraum). Diese Entwicklung wird unter anderem durch regulatorische Vorgaben wie die Basel-IV-Standards mit höheren Kapitalanforderungen zur Risikominimierung gefördert – sodass Banken inzwischen gezielt mit branchenfremden Anbietern kooperieren. Deutsche Institute prüfen in der aktuellen Krise verstärkt, welche Kreditsegmente sie weiterhin bedienen können, um ihre im europäischen Vergleich hohe Kreditqualität aufrecht zu erhalten“, sagt Philipp Wackerbeck, Partner bei Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC. (DFPA/mb1)
Quelle: Pressemitteilung PwC
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