"Geldpolitik der Fed: Eine Zäsur, aber kein Paradigmenwechsel"
Die Beschlüsse und die verbalen Einlassungen verschiedener Mitglieder des Federal Open Market Committee (FOMC) stellen eine Zäsur in der Geldpolitik dar, schreibt Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt des Investmenthauses Feri-Gruppe, in einer aktuellen Marktanalyse. Erstmals seit mindestens zwanzig Jahren befinde sich die Fed wieder in einem Konflikt zwischen dem Ziel der Preisstabilität einerseits und dem Vollbeschäftigungsziel andererseits. Die für die Rückführung der hohen Inflationsraten notwendigen geldpolitischen Maßnahmen werden voraussichtlich die gesamtwirtschaftliche Aktivität nicht nur dämpfen, sondern eine Rezession auslösen, deren Folge eben auch steigende Arbeitslosenquoten wären, meint der Experte.
Angermann: „Die drei Vorgänger des amtierenden Fed-Chefs Powell – Alan Greenspan, Ben Benanke und zuletzt Janet Yellen – agierten dagegen in einem Umfeld, in dem es zumindest scheinbar keinen Zielkonflikt zwischen Inflationsbekämpfung und gesamtwirtschaftlich positiver Entwicklung gab: Was immer die Zentralbanken zur Stimulierung der Gesamtwirtschaft taten, und das war nicht wenig, wie allein eine Verzehnfachung der Notenbankbilanz der Fed seit 2008 beweist: Es schlug sich nicht unmittelbar in höheren Preisen auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten nieder.“ Dass dafür im Gegenzug die Asset-Preise - vor allem die Aktienkurse - stark stiegen, war den Akteuren an den Finanzmärkten, und nicht zuletzt den vielen privaten Anlegern, gerade recht, so Angermann. Die Tatsache, dass mit der jahrelangen Aufblähung der Geldmenge der Grundstein für die aktuellen Inflationsprobleme gelegt wurde, errege deshalb höchstens in akademischen Kreisen ein gewisses Missfallen. Erst als im Zuge der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Lieferkettenstörungen echte Knappheiten an den Märkten auftraten, brach sich die hohe Liquidität auch an den Gütermärkten Bahn und führte zu steigenden Inflationsraten. Die seit Jahresbeginn infolge des Ukraine-Krieges drastisch gestiegenen Rohstoffpreise verstärkten diesen Effekt zusätzlich, seien aber für sich genommen nicht die Ursache der hohen Inflation.
Die geldpolitisch Verantwortlichen nun also wieder schwierige Entscheidungen treffen, weil steigende Zinsen zur Inflationsbekämpfung absehbar negative Folgen für die Gesamtwirtschaft haben. Im aktuellen Umfeld dürfte diese Entscheidung laut Angermann auch deshalb nicht schwerfallen, da anhaltend hohe Inflationsraten langfristig auch der gesamtwirtschaftlichen Stabilität schaden. Der inhärente Zielkonflikt werde allerdings auf absehbare Zeit nicht verschwinden, wie jüngst sogar EZB-Chefin Lagarde einräumte. Dass die Notenbanken einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel vollziehen und künftig primär das Erreichen des Inflationsziels anstreben, ist aus Sicht von Angermann allerdings nicht zu erwarten: Die Fed hatte erst vor knapp zwei Jahren angekündigt, höhere Inflationsraten zu tolerieren. „Mit Blick auf die Finanzierung der hohen Staatsverschuldung erscheint es mindestens denkbar, dass die Notenbanken nicht an dauerhaft hohen Zinsen interessiert sind. Auch dies ist einer der Gründe, warum auch nach Beendigung der derzeitigen Ausnahmesituation mit dauerhaft höheren Inflationsraten gerechnet werden muss als in den zwanzig Jahren vor der Corona-Pandemie“, so Angermann abschließend. (DFPA/JF1)
Die 1987 gegründete Feri-Gruppe mit Sitz in Bad Homburg ist in den Geschäftsfeldern Vermögensberatung und -verwaltung sowie Wirtschaftsforschung tätig. Seit 2006 gehört die Unternehmensgruppe zum MLP-Konzern. Derzeit betreut Feri zusammen mit MLP ein Vermögen von 56,6 Milliarden Euro, darunter knapp 15,4 Milliarden Euro alternative Investments. Die Feri-Gruppe unterhält neben dem Hauptsitz in Bad Homburg weitere Büros in Düsseldorf, Hamburg, München, Luxemburg, Wien und Zürich.