KfW-Konjunkturkompass Deutschland: Aufschwung verliert an Tempo
Mehrere belastende Sonderfaktoren wie die Warnstreiks in der Metallindustrie, eine starke Grippewelle und die Kälteperiode im Februar und März haben der deutschen Wirtschaft den Start ins Jahr 2018 verhagelt und zu einer deutlichen Verlangsamung des Wachstums im ersten Quartal geführt (0,3 Prozent gegenüber Vorquartal). Das sind Ergebnisse des „KfW-Konjunkturkompasses“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Diese Einmaleffekte seien zwischenzeitlich zwar abgeklungen und das Realwachstum dürfte im laufenden Quartal wieder auf 0,6 Prozent anziehen – den unerwartet schwachen Jahresbeginn könne das jedoch nicht ausgleichen. KfW Research revidiert daher seine Wachstumsprognose für 2018 auf 2,1 Prozent nach unten (Vorprognose: 2,5 Prozent).
Trotz dieser Abwärtsrevision sei der Ausblick weiterhin gut. Nicht zuletzt die Firmen selbst setzten auf einen anhaltenden Expansionskurs, wie der abermalige Anstieg der Unternehmensinvestitionen im ersten Quartal (1,0 Prozent gegenüber Vorquartal) unterstreicht. Der private Konsum (0,4 Prozent) präsentiere sich zu Jahresbeginn wieder etwas lebhafter als im zweiten Halbjahr 2017 – eine Entwicklung, die sich angesichts stabiler Zuwächse bei Beschäftigung und Reallöhnen sowie einer weiteren Rentenerhöhung in diesem Jahr fortsetzen dürfte. Bei grundsätzlich positiver Weltkonjunktur sollten die Exporte den schwachen Jahresstart (minus 1,0 Prozent) genauso schnell überwinden wie der Staatskonsum (minus 0,5 Prozent), der sich nach der Regierungsbildung Mitte März voraussichtlich wieder lebhafter präsentieren wird. Auf die privaten Wohnungsbauinvestitionen, die trotz witterungsbedingter Behinderungen zu Jahresbeginn um 1,9 Prozent zulegen konnten, bleibe ohnehin Verlass.
Im kommenden Jahr dürfte sich das Tempo des deutschen Wirtschaftswachstums verlangsamen. KfW Research bestätigt für 2019 seine bisherige Realwachstumsprognose von 1,9 Prozent. Für die Abschwächung sprechen laut KfW vor allem die nach langem Aufschwung immer enger werdenden Kapazitäten, insbesondere am Arbeitsmarkt.
„Auch wenn unser Konjunkturbild für Deutschland grundsätzlich positiv bleibt: Die Abwärtsrisiken nehmen zu“, sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. Neben dem weiter ungelösten Brexit stehe Italien vor einer Koalitionsregierung, deren tragende Parteien mit sehr expansiven Fiskalprojekten und Kritik an EU und Euro Wahlkampf gemacht hatten. Große Teile davon fänden sich im Koalitionsvertrag wieder. Falls diese Pläne in der Praxis nicht abgeschwächt würden, wären neue Konflikte innerhalb Europas und Zinsreaktionen am italienischen Kapitalmarkt wohl kaum zu vermeiden. Hinzu komme, dass sich in den Handelskonflikten der USA mit der EU und China noch immer keine Lösung abzeichne. Ganz im Gegenteil: Mit dem jüngst bekannt gewordenen Prüfauftrag eines Zolls von bis zu 25 Prozent auf importierte Autos heize die US-Administration die Auseinandersetzungen weiter an. Die einseitige Aufkündigung des Iran-Atomabkommens durch die USA jüngst habe sowohl das Potenzial, den Ölpreis weiter steigen zu lassen, als auch zugleich den transatlantischen Graben in Handelsfragen noch weiter zu vertiefen. „Deutschland ist wegen seiner starken Integration in die internationalen Wertschöpfungsketten, der großen Bedeutung des Automobilsektors und seines sehr hohen Leistungsbilanzüberschusses besonders verwundbar, sollte es vor diesem Hintergrund zu ernsthaften Verwerfungen in den globalen Handelsbeziehungen kommen“, so Zeuner.
Entscheidend für den weiteren Konjunkturverlauf werde sein, wie stark sich diese internationalen Unwägbarkeiten auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen auswirken. KfW Research geht davon aus, dass sie angesichts der Nachfrage, der hohen Auslastung der Industriekapazitäten und der günstigen Finanzierungsbedingungen im Trend aufwärts gerichtet bleibt. „Sollten die Unternehmen aber angesichts der verunsichernden Gemengelage spürbar auf die Investitionsbremse treten, wäre mit einer erheblich schlechteren Wirtschaftsentwicklung zu rechnen – bis hin zum Ende des Aufschwungs“, sagt Zeuner.
Quelle: Pressemitteilung KfW
Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) ist die größte nationale Förderbank der Welt. Ihre Gründung erfolgte auf der Grundlage des „KfW-Gesetzes“ als eine Anstalt des öffentlichen Rechts. (mb1)