Kolumne: "Der Blick nach China zeigt, was wir wirtschaftlich von Covid-19 zu erwarten haben"
Die globale Corona-Pandemie stellt Wirtschaft und Finanzmärkte vor historische Herausforderungen. Die Unsicherheit hat die Volatilität im März sowohl an den Aktien- als auch an den Anleihenmärkten auf ein Niveau wie vor zwölf Jahren, während der Finanzkrise, steigen lassen. Nach Ansicht von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege des Vermögensverwalters J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt, lohnt ein Blick dorthin, wo Covid-19 als erstes zuschlug: „China ist uns bei der Bewältigung der Krise ein bis zwei Monate voraus und liefert sehr gutes Anschauungsmaterial, was wir wirtschaftlich noch zu erwarten haben.“
Zwei Fragen stellten sich derzeit im Besonderen: Erstens, wie lange dauert die Krise und wie gravierend sind ihre wirtschaftlichen Folgen? Und zweitens, ob die Corona-Krise nach dem Crash im März nun bereits vollständig eingepreist ist. Die Antwort zur ersten Frage hängt laut Galler einerseits von der Medizin ab und wie schnell es gelingt, einen Impfstoff, ein wirksames Medikament oder einen zuverlässigen Schnelltest zu entwickeln. Andererseits gilt es seiner Meinung nach zu beobachten, wie erfolgreich die fiskalischen und monetären Hilfspakete die drei wirtschaftlichen Schocks absorbieren können, die durch die inzwischen global verordneten Maßnahmen zur Einschränkung der sozialen Kontakte ausgelöst wurden: „Die globale Wirtschaft muss nun fast gleichzeitige Schocks verdauen: einen Angebotsschock, einen Nachfrageschock und einen Liquiditätsschock – das macht diese Krise so einzigartig und gefährlich“, ist der Experte überzeugt.
Ein Blick nach China sei in der aktuellen Situation aufschlussreich. So führte der Ausbruch der Corona-Krise in den ersten beiden Monaten des Jahres zu einem Rückgang der chinesischen Industrieproduktion von 13,5 Prozent im Vorjahresvergleich. Die Einzelhandelsumsätze sind sogar um 20,5 Prozent gefallen. „Besonders von der Krise betroffen ist aber der Dienstleistungssektor – Hotellerie, Konzertveranstalter und Kinobetreiber mussten Umsatzrückgänge zwischen 78 und 96 Prozent hinnehmen. Das Problem ist nun für viele Unternehmen, dass die Umsätze einbrechen, aber die Fixkosten bleiben“, stellt Tilmann Galler fest. Eine Umfrage in China kam zum Ergebnis, dass bei rund zwei Drittel der Unternehmen die Liquidität für maximal zwei Monate reicht.
Diese wirtschaftlichen Dynamiken seien seit Implementierung der Eindämmungsmaßnahmen nun auch in Europa und den USA zu beobachten. Aus diesem Grund hätten die Notenbanken weltweit die Liquiditätsschleusen in einem nie dagewesenen Ausmaß geöffnet und die Regierungen weltweit haben erhebliche Fiskalprogramme verabschiedet, um den betroffenen Unternehmen zu helfen. „Das sollte uns bei der aktuell schlechten Nachrichtenlage vor Augen führen, dass die Corona-Krise eine temporäre Krise ist. Für Unternehmen bedeutet das, dass in diesem Jahr die Gewinne aufgrund der globalen Rezession zwischen 20 und 30 Prozent fallen werden, doch für die Bewertung von Unternehmen spielt es eine viel größere Rolle, was in den Jahren danach passieren wird“, erklärt Galler. (DFPA/mb1)
Quelle: Pressemitteilung J.P. Morgan Asset Management
Unter der Marke J.P. Morgan Asset Management betreibt der international tätige Finanzdienstleistungskonzern JP Morgan Chase & Co. mit Sitz in New York den Geschäftsbereich Vermögensverwaltung.