Kommentar: Die Anleihe ist wieder ein sicherer Hafen
Nach einem enttäuschenden Anlagejahr 2022 zeichnet sich ein Silberstreif am Horizont ab. Denn die teilweise heftigen Kurskorrekturen haben die Bewertungen an den Aktien- und Anleihemärkten, die zu Beginn des Jahres 2022 teilweise schon mehrjährige Höchststände erreicht hatten, deutlich korrigiert. Die Bewertungsmultiplikatoren von Aktien und die Renditen von Staatsanleihen liegen jetzt nahe bei oder unter den Durchschnittswerten – und niedrigere Bewertungen bedeuten höhere Renditeerwartungen für die Zukunft. Das merkt Yoram Lustig, Head of Multi‐Asset Solutions, EMEA, des Investmentmanagers T. Rowe Price in einem Kommentar an.
Zudem deute die Kombination aus steigenden Anleiherenditen und sinkenden Aktienbewertungen darauf hin, dass die Renditen für Multi-Asset-Portfolios stark gestiegen sind. Somit hätten der Anstieg der Anleihenrenditen, die Ausweitung der Kreditspreads und die niedrigeren Aktienbewertungen die Aussichten für die Portfoliorenditen auf längere Sicht insgesamt verbessert. Die steigenden Leitzinsen führten im Markt zu höheren Renditen für Bargeld und zu steigenden Renditen für hochwertige Staatsanleihen. Nach dem jüngsten Anstieg der Renditen könnten Staatsanleihen bei negativen wirtschaftlichen oder geopolitischen Ereignissen wieder ihre traditionelle Rolle als sicherer Hafen einnehmen. Wenn die Marktstimmung fällt, insbesondere wenn es aufgrund eines plötzlichen wirtschaftlichen oder geopolitischen Schocks zu einer Flucht in Qualität kommt, steige die Attraktivität von US-Treasuries, deutschen Bundesanleihen oder japanischen Staatsanleihen. Generell biete die Nutzung des globalen Marktes für Staatsanleihen bei gleichzeitiger systematischer Absicherung des Währungsrisikos in Übersee eine gute Diversifizierung und ein breiteres Spektrum an Anlagemöglichkeiten. Darüber hinaus seien inflationsgebundene Anleihen eine der wenigen Anlagen, die Cashflows bieten, die mit der Inflation steigen.
Auf der anderen Seite habe das Marktrisiko zugenommen; angesichts der Abschaffung der geldpolitischen Unterstützung in den meisten großen Volkswirtschaften werde dies wahrscheinlich eine strukturelle Veränderung sein. Seit der globalen Finanzkrise hätten die Zentralbanken das System mit Liquidität geflutet, um besorgte Anleger zu beruhigen und die Volatilität zu mindern. Jetzt konzentrierten sie sich auf die Inflationsbekämpfung und entziehen den Märkten Liquidität, was Anleger nervös macht und zu heftigen Kursschwankungen führt. Dabei sei davon auszugehen, dass die jüngsten Volatilitätsniveaus zur neuen Normalität werden und es sei unwahrscheinlich, dass die Investoren auf diese Entwicklung vorbereitet sind – infolgedessen könnten ihre Portfolios eine größere Varianz der Renditen aufweisen als erwartet. Angesichts der anhaltenden Marktturbulenzen werden laut Kommentar auch spezielle Techniken zur Abwärtsminderung und zum Volatilitätsmanagement deutlich an Interesse gewinnen. So nutze ein diversifiziertes Tail-Risk Mitigation (DTRM)-Programm bestimmte Derivat-Overlays, um Volatilitäts- und Abwärtsrisiken abzuschwächen, und konzentriere sich dabei auf die Minimierung von Performanceverlusten. Solche Programme könnten entweder auf Komponentenebene oder für das gesamte Multi-Asset-Portfolio eingesetzt werden. (DFPA/mb1)
T.Rowe Price Group, Inc. ist eine börsennotierte Investment-Management-Gesellschaft mit Sitz in Baltimore (USA).