Markt für Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen wächst dynamisch
Die durch den Ukraine-Krieg verursachte Unsicherheit an den Finanzmärkten hat Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen bisher kaum beeinträchtigt, meldet der deutsche Fondsverband BVI. Per Ende März 2022 verwalteten sie 563 Milliarden Euro für deutsche Anleger. Das entspricht 40 Prozent aller in Publikumsfonds investierten Gelder.
Wie der BVI weiter mitteilt, ist das von nachhaltigen Publikumsfonds verwaltete Vermögen binnen Jahresfrist um 80 Prozent gestiegen. Verantwortlich für das Wachstum sei vor allem die Umstellung bestehender Fonds. Die Nettozuflüsse betrugen im ersten Quartal rund fünf Milliarden Euro; nach einem starken Neugeschäft im Januar mussten nachhaltige Publikumsfonds im Februar und März erstmals seit zwei Jahren leichte Nettoabflüsse hinnehmen.
Spezialfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen verwalteten 120 Milliarden Euro, das sind sechs Milliarden weniger als Ende Dezember 2021. Hintergrund sind dem BVI zufolge sinkende Anteilwerte. Denn fast die Hälfte des Vermögens entfällt auf gemischte Wertpapierfonds, weitere 40 Prozent auf Rentenfonds. Damit sind nachhaltige Spezialfonds überdurchschnittlich von sinkenden Anleihekursen durch steigende Zinsen betroffen. Trotzdem flossen ihnen im ersten Quartal per Saldo neue Kundengelder in Höhe von rund zwei Milliarden Euro zu.
Der BVI erhebt derzeit, welche Fonds die Mitglieder nach der Offenlegungsverordnung als Artikel-8-Fonds (Fonds mit ökologischen und/oder sozialen Merkmalen) und Artikel-9-Fonds (Fonds, die zu mindestens einem Nachhaltigkeitsziel beitragen) einstufen. Auf Erstere entfallen über 96 Prozent des Vermögens nachhaltiger Publikums- und Spezialfonds. Artikel-9- Fonds verwalten rund 22 Milliarden Euro. Aus Sicht des BVI dürfte der Hauptgrund dafür die Unsicherheit bezüglich Definitionen, Daten und zukünftigen regulatorischen Vorgaben bei auswirkungsorientierten Investments sein. Auch im europäischen Vergleich sind deutsche Fondshäuser bei der Einstufung zurückhaltend. Auf deutsche Anleger entfallen nur knapp fünf Prozent des Vermögens der in der EU aufgelegten Artikel-9-Fonds (laut Morningstar Direct). Zum Vergleich: Auf alle – konventionellen und nachhaltigen – Fonds bezogen sind es 28 Prozent. Dennoch managen 29 Anbieter beziehungsweise Anbietergruppen für deutsche Kunden Fonds, die zu Nachhaltigkeitszielen beitragen. Einen besonders großen Marktanteil bei Artikel-9-Fonds haben Pictet, Deka, DWS, Amundi und Allianz Asset Management, so der BVI.
In diesem Jahr stehen regulatorische Änderungen an, die den Markt für nachhaltige Fonds erneut verändern werden: Ab dem 2. August 2022 sind in der Beratung von Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen zusätzliche Produktmerkmale relevant. Berater müssen dann klären, ob Anleger einen bestimmten Mindestanteil nachhaltiger Investitionen beziehungsweise Investitionen im Sinne der EU-Taxonomie wünschen oder mit ihren Investments die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeit (PAIs) reduzieren möchten. Mit dem ESG-Zielmarktkonzept gibt es einen deutschen Marktstandard für qualitative Mindestanforderungen an Produkte, die für Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen geeignet sind. Die bisherige Einteilung nach der Offenlegungsverordnung ist im Vertrieb zukünftig nicht mehr ausschlaggebend. Viele Artikel-8-Fonds können an diese Anleger nur noch empfohlen werden, wenn die Anlagestrategie zusätzliche Anforderungen erfüllt, zum Beispiel die PAIs verbindlich in die ESG-Strategie einbezieht. (DFPA/JF1)
Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main ist Repräsentant der Investmentbranche in Deutschland. Die 98 Mitglieder des 1970 gegründeten Verbands verwalten über drei Billionen Euro in Publikumsfonds, Spezialfonds und Vermögensverwaltungsmandaten.