Marktkommentar: Saudi-Arabien nimmt Kurs auf Indexaufnahme
Am 20. Juni 2017 gab der Indexanbieter MSCI das Ergebnis seiner jährlichen Neuklassifizierung der Märkte bekannt, bei der Saudi-Arabien auf die MSCI Emerging Markets Watchlist aufgenommen wurde. Infolge dieser Entscheidung ist das Land nun auf dem besten Wege, um im Juni 2018 offiziell von MSCI den Status eines Schwellenmarkts zu erhalten und ab 2019 als solcher in den Handel einzusteigen.
Die Börse in Saudi-Arabien ist noch verhältnismäßig jung - sie wurde im Jahr 1987 eröffnet. Seit 2015 dürfen auch ausländische Anleger im Rahmen des restriktiven QFI-Programms (Qualified Foreign Investor) in Wertpapiere investieren, die dort notiert sind. Allerdings hat die Kapitalmarktreform in Saudi-Arabien im Zuge der politischen Bemühungen, die Wirtschaft und deren Finanzierungsquellen zu diversifizieren, an Fahrt aufgenommen. So führten die Aufsichtsbehörde und die saudi-arabische Wertpapierbörse Tadawul in den vergangenen zwei Jahren eine Reihe von Marktreformen ein. Unter anderem wurden die Beschränkungen für ausländische Beteiligungen von 20 Prozent auf 40 Prozent angehoben, Wertpapierleihe und Leerverkäufe zugelassen und das Registrierungsverfahren für Ausländer erleichtert. Mit all diesen Maßnahmen verfolgt Saudi-Arabien das Ziel, mehr ausländisches Kapital ins Land zu holen. Dieses Bestreben dürfte nun durch die Aufnahme in den MSCI-Schwellenmarktindex kräftige Unterstützung erhalten, so Charles Sunnucks, Assistant Fund Manager Emerging Markets bei der Investmentgesellschaft Jupiter Asset Management.
Eine Aufnahme in den MSCI-Schwellenmarktindex dürfte Mittelzuflüsse von über 35 Milliarden US-Dollar mit sich bringen. Saudi-Arabien wäre dann das siebtgrößte Land im Schwellenmarktindex. Dies würde signifikante Auswirkungen auf einen Markt haben, in dem das ausländische Eigentum derzeit noch unter zwei Prozent liegt. Das Gewicht von Saudi-Arabien im Index könnte außerdem rasch zunehmen, wenn die saudi-arabische Erdölfördergesellschaft Aramco wie erwartet 2018 an die Börse geht. Die Bewertungen des Unternehmens fallen sehr unterschiedlich aus. Am oberen Ende liegt Saudi-Arabiens eigene Schätzung von zwei Billionen US-Dollar, die doppelt so hoch ist wie die für Apple, dem derzeit größten börsennotierten Konzern der Welt, so Sunnucks.
Aus Sicht von Sunnucks dürften im Vorgriff auf die Indexaufnahme die Aktienkurse steigen und die Finanzierungskosten sinken. Die niedrigeren Finanzierungskosten dürften die Fortschritte Saudi-Arabiens hinsichtlich der in seinem 2020 National Transformation Program und in der Saudi Vision 2030 dargelegten, hoch gesteckten Ziele für die wirtschaftliche Diversifizierung begünstigen. Eines dieser Ziele besteht darin, den Beitrag des privaten Sektors zum BIP bis 2030 von 40 Prozent auf 65 Prozent zu erhöhen. Dies ist eine erhebliche Änderung, die voraussichtlich Finanzierungen aus dem Ausland erfordern wird.
Anleger sollten Sunnucks zufolge jedoch selektiv vorgehen. In Saudi-Arabien bestüden enorme Chancen für Anleger, aber auch deutliche Herausforderungen, da die Welt mit Innovationen das Ölzeitalter hinter sich lässt und sich die Wirtschaft des Landes dieser Entwicklung anpasst. Die Flut ausländischer Mittel, die nach der Aufnahme in den Index voraussichtlich ins Land fließen wird, könnte allen Akteuren Auftrieb verleihen. Unserer Einschätzung zufolge werden es aber vor allem jene Unternehmen nach ganz oben schaffen, die für den zugrundeliegenden Wandel gerüstet sind.
Quelle: Marktkommentar Jupiter AM
Die Fondsgesellschaft Jupiter Asset Management Limited (JAM) ist eine Tochtergesellschaft der börsennotierten Investmentgesellschaft Jupiter Fund Management plc mit Sitz in London. Die 1985 gegründete Unternehmensgruppe beschäftigt eigenen Angaben zufolge mehr als 400 Mitarbeiter und verwaltet ein Vermögen in Höhe von 50,9 Milliarden Euro. (Stand: 31. März 2017). (JF1)