Marktkommentar: Weniger Gewinn bei europäischen Aktien
Die Hitzewelle und die Dürre in Europa könnten die Energiekrise verschärfen: Die sinkenden Wasserstände der Flüsse gefährden nicht nur die Stromerzeugung in Spanien und Italien sowie die Kühlung französischer Kernkraftwerke, sondern auch die Verschiffung von Kohle in Deutschland. Gleichzeitig droht der Energiekonflikt zwischen Europa und Russland weiter zu eskalieren. Sowohl die Inflationsüberraschungen als auch die Inflationserwartungen scheinen dagegen an Momentum zu verlieren und die Inflationsdynamik dürfte in den kommenden Monaten nachlassen, so heißt es in einem Marktkommentar des Asset Managers Candriam.
Das zeige auch die Reaktion der Märkte auf den US-Verbraucherpreisindex, der im Juni auf 9,1 Prozent geklettert war. Die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken bei der Bekämpfung der Inflation sowie die Sorgen um das Wirtschaftswachstum lassen die Anleiherenditen sinken und Candriam geht davon aus, dass dies auch in den USA der Fall sein wird: Die Wirtschaftsdaten überraschten nun negativ, Laufzeitinvestments durchschritten allem Anschein nach eine Talsohle und ein neuer Energieschock und ein anhaltend starker Arbeitsmarkt stellten ebenfalls Risiken dar. Candriams Haltung gegenüber Aktien bleibe bisher neutral, und die jüngsten Markttrends bestätigten die Einschätzung, dass die Preisspannen „fett und flach“ und die Märkte „breit und volatil“ werden. Insgesamt werde der Ausblick für Aktien jedoch immer negativer: Aufgrund der hohen Inflation und der Konjunkturabschwächung bestehe die Gefahr, dass Gewinne, Margen und letztlich auch Profite nach unten korrigiert werden müssten.
Der Hauptfaktor für die Aktienperformance blieben auch 2022 die realen Renditen. Zwar seien die Konsenserwartungen für den Gewinn je Aktie (EPS) weiterhin optimistisch und die Märkte rechneten nach wie vor mit einem hohen Wachstum. Dennoch sehe Candriam immer mehr Korrekturen, und der jüngste Rückgang der Aktienkurse deute darauf hin, dass das EPS-Wachstum nahe Null gehe und der aggregierte Einkaufsmanagerindex in den kommenden Monaten sinken dürfte. Als weiterer negativer Katalysator dürfte sich das Gewinnwachstum erweisen und zu sinkenden Bewertungen beitragen. Wie stark die negative Marktkorrektur ausfällt, werde vom Ausmaß der wirtschaftlichen Verlangsamung abhängen. Seien die Gewinnkorrekturen erst einmal in vollem Gange, werden laut Kommentar wahrscheinlich auch die Aktienmärkte ihren Tiefpunkt erreichen. Besonders Aktien aus der Eurozone dürften leiden. Ihr Risiko-Ertrags-Verhältnis sei aktuell sehr ungünstig: Die hohen europäischen Gaspreise dürften länger anhalten, und die Märkte erwarten langfristigere Störungen als unmittelbar nach der russischen Invasion in der Ukraine. Angesichts dessen hat Candriam die Aktien der Eurozone auf leicht negativ herabgestuft.
Bevor sich das Unternehmen für die nächste Zyklusphase positioniert – sei es eine sanfte oder harte Landung – behalte es eine weitgehend ausgewogene Allokation bei. Während Candriam bei Aktien neutral aufgestellt sei, aber mit einer Verschlechterung des Umfelds rechne, wurde bei festverzinslichen Engagements die Duration seit dem Frühjahr schrittweise erhöht und der Benchmark angeglichen. Dafür spreche die Erwartung, dass sich das Wachstum abschwäche, aber auch die Tatsache, dass die Inflationserwartungen hoch und die Zentralbanken bereit seien, die Geldpolitik zu straffen. (DFPA/mb1)
Candriam ist ein globaler Vermögensverwalter und Spezialist für nachhaltige Anlagen und Tochter von New York Life Investment Management (NYLIM). Das Candriam-Team aus rund 600 Experten verwaltet ein Vermögen von circa 150 Milliarden Euro. Das Unternehmen verfügt über Niederlassungen in Luxemburg, Brüssel, Paris und London, und betreut Kunden in über 20 Ländern auf vier Kontinenten.