Marktkommentar: "Wertsteigerungspotenzial digitaler Plattformen wird unterschätzt"
In den Finanzmedien wird oft über die weltweit größten Internetunternehmen diskutiert. Während manchen Marktteilnehmern bei den teilweise stark gestiegenen Aktienkursen dieser Unternehmen mulmig wird, darf nicht vergessen werden, dass die Tech-Werte der Plattformökonomie zuzurechnen sind. Je größer sie werden, umso stärker und attraktiver wird das Geschäftsmodell. So Philipp Haas, Analyst bei der Vermögensverwaltung DJE Kapital, in einem Marktkommentar.
Laut Haas verdanken diese Internetunternehmen ihren Erfolg nicht primär ihrem erfolgreichen technischen Produkt, sondern dem sogenannten Netzwerkeffekt. Je mehr Nutzer eine digitale Plattform verwenden, desto höher werde der generierte Wert für die jeweiligen Nutzer. Dies gelte für soziale Netzwerke genauso wie für Softwareplattformen, Dating-Apps oder E-Commerce-Handelsplattformen. In solchen „The winner takes it all“-Märkten ist es Haas zufolge wichtig, schnell und frühzeitig einen großen Marktanteil zu erlangen. Gewöhnen sich Konsumenten an eine Plattform, hätten sie zudem einen immer geringeren Anreiz, diese zu wechseln. Das schaffe hohe Eintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer.
Darüber hinaus verfügen am Markt etablierte digitale Plattformen über sehr erfolgreiche, skalierbare Geschäftsmodelle. Frei nach Warren Buffet ähneln diese einer Steuer, da an jeder Transaktion mitverdient werde, ohne dass dadurch nennenswerte zusätzliche Kosten entstünden, was starkes und nicht kapitalintensives Wachstum ermögliche. Das sei auch der Grund dafür, weshalb viele der besten Aktien der vergangenen zehn Jahre der Kategorie digitaler Plattformen zuzuordnen sind. Um eine erfolgreiche Plattform am Markt zu etablieren, ist allerdings zu Beginn viel Finanzkraft, Ausdauer, ein sehr gutes Produkt und auch etwas Glück erforderlich. Neben den großen, bekannten Anbietern gibt es auch spannende, erfolgreiche digitale Plattformen aus der zweiten Reihe, beziehungsweise in kleineren Märkten wie Dating. Mittelfristig gesehen böten auch diese Potenzial für Kurssteigerungen, unter Berücksichtigung möglicher Risiken.
Haas zufolge unterschätzen gerade deutsche Unternehmen den Wert des erfolgreichen Zusammenführens von Angebot und Nachfrage. Die Deutschen seien traditionell eher Produzenten als Händler: Sie entwickeln sehr gute Produkte, vernachlässigen aber oft Marketing, Verkauf und Handel. Dass Deutschland und Europa – anders als die USA und China – kaum erfolgreiche digitale Plattformen besäßen, sei zum einen für die Wirtschaftsentwicklung an sich problematisch, andererseits aber auch für Investoren, die ihren Blick nur allzu oft primär auf den Heimatmarkt richten.
„Der Clou: Digitale Plattformen müssen nur so viel in sich selbst beziehungsweise in die eigene Plattform investieren, um attraktiv genug zu sein, um die Nutzer weiter an sich zu binden. Ein Plattformwechsel geschieht sehr selten, meist nur aufgrund eines Generationswechsels, technologischer Umbrüche oder Fehler des Managements. Dadurch können digitale Plattformen hohe Margen und freie Cash Flows generieren, die für Aktienrückkäufe und zukünftig wohl auch für Dividenden genutzt werden können. Derzeit ist es für diese Unternehmen aber oft noch attraktiver, das Kapital in Zukunftsprojekte und neue Dienstleistungen zu investieren. Erleichtert wird dies durch den direkten Endkundenkontakt und bei entsprechender Größe einer starken Marke.
Unser Fazit: Tech-Aktien mit Plattformcharakter bieten ein langfristig attraktives Chance-Risiko-Profil Auch wenn es bei Tech-Aktien durch überhitzte Markttechnik kurzfristig – wie zuletzt im Juni 2017 – zu starken Abverkäufen kommen kann, bieten die guten Wachstumsaussichten dieser Unternehmen unserer Einschätzung nach immer noch ein langfristig attraktives Chance-Risiko-Profil. Wir sind davon überzeugt, dass wir bei dieser digitalen Revolution erst am Anfang stehen und keine der traditionellen Branchen davor sicher ist. In vielen DJE-Fonds sind diese digitalen Plattformen daher ein fester Bestandteil“, so Haas.
Quelle: Marktkommentar DJE Kapital
Die DJE Kapital AG ist seit über 40 Jahren als unabhängige Vermögensverwaltung am Kapitalmarkt aktiv. Das Unternehmen aus Pullach bei München verwaltet mit rund 100 Mitarbeitern (davon rund 20 Fondsmanager und Analysten) über elf Milliarden Euro (Stand: 31. Juli 2017) in den Bereichen individuelle Vermögensverwaltung, institutionelles Asset Management sowie Publikumsfonds. Kern des Anlageprozesses und aller Investmententscheidungen ist die FMM-Methode (fundamental, monetär, markttechnisch), welche auf dem hauseigenen, unabhängigen Research basiert. (JF1)