Metzler-Kommentar: "Erste Anzeichen einer versteckten Inflation"
In den großen Volkswirtschaften öffnet sich eine Schere zwischen der tatsächlichen Entwicklung der Inflation und etlichen Inflationsindikatoren. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich die Inflation nicht in den Preisen niederschlage, sondern in einer Rationierung von Gütern und Dienstleistungen, so heißt es in einem Marktkommentar des Bankhauses Metzler.
Die Inflation sei in nahezu allen Wirtschaftsregionen immer noch ungewöhnlich niedrig. In der Eurozone fiel die Kerninflationsrate im April auf nur 0,7 Prozent. Auch in den USA bewegt sich die Inflation (Donnerstag) bisher eher seitwärts, ohne dass ein steigender Trend erkennbar wäre. Einzelne Frühindikatoren signalisierten sogar, dass die monatliche Veränderungsrate von Inflation und Kerninflation im April geringer ausfallen könnte als von den Finanzmarktakteuren erwartet. Damit dürfte sich eine Schere zwischen der tatsächlichen Inflationsentwicklung und vielen Inflationsindikatoren öffnen. So stieg die Preiskomponente des „ISM-Index“ im April auf knapp 80, was eigentlich mit einer Inflationsrate von 4,0 Prozent im Einklang steht.
Damit stelle sich einmal mehr die Frage, ob die Inflation noch richtig gemessen wird. Die Erzeugerpreisinflation in den USA zeige einen klaren Aufwärtstrend von minus 1,4 Prozent im Oktober 2015 auf 3,0 Prozent im März 2018. Es werden nur die Qualitätsverbesserungen von Produkten in den Konsumentenpreisindizes berücksichtigt, während Qualitätsverschlechterungen unberücksichtigt bleiben. Unternehmen änderten beispielsweise immer wieder die Inhaltsstoffe ihrer Produkte, was zu einer versteckten Form der Inflation führen könne. In Japan wurde jetzt ein erster Schritt unternommen, um das Thema „Produktqualität und Inflation“ anzugehen. Eine Umfrage des japanischen Instituts für politische Studien RIETI zeigte, dass die Bevölkerung eine deutliche Verschlechterung der Dienstleistungsqualität in vielen Branchen aufgrund der Arbeitskräfteknappheit wahrnimmt: Das sehen 33 Prozent der Befragten für die Postdienste, knapp 20 Prozent für die Versorgung im Krankenhaus, und mehr als 18 Prozent für das Gaststättengewerbe.
Offensichtlich schlage sich die Inflation nicht in den Preisen nieder, sondern in einer Rationierung von Gütern und Dienstleistungen. Leider gebe es noch keine Studien, die diesen Effekt im Detail untersucht haben. Vielleicht wäre ein erster Schritt – im Sinne der Symmetrie –, auf die Berücksichtigung von Qualitätsverbesserungen im Konsumentenpreisindex zu verzichten.
Nicht nur die Geschäftsklimaindizes in der Eurozone tendierten in den vergangenen Monaten nach unten – die realwirtschaftlichen Daten entwickelten sich noch deutlich schwächer. Die Stabilisierung der Geschäftsklimaindizes spreche allerdings dafür, dass sich die realwirtschaftlichen Daten wieder erholen könnten. Damit sollte auch das Vertrauen in die Stabilität des Aufschwungs in der Eurozone wieder steigen.
Quelle: Pressemitteilung Metzler
Die B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA ist eine Privatbank mit Sitz Frankfurt am Main. Das 1674 gegründete Unternehmen ist schwerpunktmäßig in den Geschäftsfeldern Vermögensverwaltung und Investmentbanking tätig. (mb1)