"Mumm kompakt": Die Woche der Zentralbanken
Die in dieser Woche anstehenden Notenbanksitzungen ereignen sich in einer Situation erhöhter Inflationsraten, positiver, konjunktureller Perspektiven sowie dem offensichtlich nahenden Ende der ultra-expansiven Geldpolitik. Am weitesten entfernt von einem Kurswechsel ist dabei noch die Europäische Zentralbank (EZB). Ganz sicher wird es keine Leitzinsanpassung geben. Marktteilnehmer erwarten allerdings eine klarere Äußerung zur Zukunft der laufenden Anleihekaufprogramme, so heißt es bei „Mumm kompakt“, einer Einschätzung von Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel.
Das am Anfang der Corona-Pandemie aufgelegte PEPP-Kaufprogramm dürfte Ende März planmäßig auslaufen, vermutlich ohne das bis dahin maximale Ankaufvolumen von 1,85 Billionen Euro voll auszuschöpfen. Eventuell werde das Programm reaktiviert, wenn die Pandemie in den kommenden Monaten noch einmal für erhebliche wirtschaftliche Rückschläge sorgen sollte. Im Gegenzug dürfte aber ab April das APP-Anleihekaufprogramm aufgestockt werden, wenngleich in Summe eine Reduktion der gesamten Kaufvolumina der EZB wahrscheinlich ist. Die wichtigere Information sei aber die aktualisierte Inflationsprojektion der Notenbank für die kommenden drei Jahre. Diese sei entscheidend für den selbst zu steckenden Kurs eines künftig weniger expansiven geldpolitischen Kurses. Erst wenn die erwartete Inflationsrate auf Ebene der Eurozone deutlich vor dem Ende des Projektionszeitraums nachhaltig die Marke von zwei Prozent überschreite, werde eine geldpolitische Wende in Betracht gezogen. Die bisherigen Erwartungen in Höhe von 1,7 Prozent im Durchschnitt des Jahres 2022 und 1,5 Prozent für 2023 werden angesichts der zuletzt deutlich zunehmenden Preissteigerungen wohl nach oben angepasst, dürften aber spätestens im Jahr 2024 wieder unterhalb von zwei Prozent liegen. Zudem sei zu erwarten, dass EZB-Präsidentin Lagarde erneut auf den nach Meinung der EZB nur temporären Charakter der aktuell erhöhten Inflation verweise und damit weiterhin ein zeitnaher Kurswechsel ausgeschlossen bleibe. Anders sehe die Situation in den USA aus, wo Fed-Chef Powell zuletzt die Bezeichnung „temporär“ aus der Beschreibung der aktuellen Inflationssituation gestrichen habe. Vielmehr sei angesichts des immer besser ausgelasteten Arbeitsmarktes und der zuletzt auf 6,8 Prozent angestiegenen Inflation schon im Dezember mit einem beschleunigten Abbau der monatlichen Wertpapierkaufvolumina (Tapering) zu rechnen.
Folglich könnten schon im zweiten Quartal erste Zinsanhebungen folgen. Die Bank of Japan werde in dieser Woche wohl auch bei ihrem ultra-expansiven Kurs bleiben, während die Bank of England eine schon für November in Aussicht gestellte erste Leitzinsanhebung aufgrund der Unsicherheiten durch die Verbreitung der Omikron-Corona-Variante weiter zurückstellen wird. Insgesamt starte somit auch das Jahr 2022 mit einer massiven Unterstützung von geldpolitischer Seite und damit guten Aussichten für reale Anlageklassen wie Aktien, Immobilien und Edelmetalle. Selbst in den USA oder in Großbritannien sei noch lange nicht von restriktiver Geldpolitik die Rede. Allerdings dürfte die Entwicklung der Inflationsraten ein wichtiger Indikator bleiben und wohl immer wieder Diskussionen um geldpolitische Kehrtwenden anstoßen. (DFPA/mb1)
Die Donner & Reuschel AG ist eine Privatbank mit Hauptsitz in Hamburg. Das 1798 gegründete Unternehmen gehört seit dem Jahr 1990 zur Versicherungsgruppe Signal Iduna.