"Mumm kompakt": Sicherer Kurs für eine Stagflation
Sowohl die jüngsten Schnellschätzungen der Markit-Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und die Eurozone als auch der ifo-Geschäftsklimaindex sprechen eine klare Sprache: die wirtschaftliche Dynamik schwächelt. Dabei wird die deutsche Industrie, insbesondere der Automobilsektor, durch anhaltende Lieferengpässe und resultierende Produktionsdrosselungen ausgebremst. Die Kapazitätsauslastung gab zuletzt um 2,1 Prozentpunkte auf 84,7 Prozent nach, so heißt es bei „Mumm kompakt“, einer Einschätzung von Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel.
Auch in den Sektoren Dienstleistungen und Handel drückten zunehmende Lieferengpässe auf die Geschäftsaussichten der Unternehmen, so dass die ifo-Konjunkturuhr mittlerweile sogar eine wirtschaftliche Abkühlung, also eine Kombination aus einer überdurchschnittlichen Lage- und einer nachgebenden Erwartungskomponente, anzeigt. Das ebenfalls nachgebende Wachstum der Auftragseingänge verdeutliche, dass sich die globale Abschwächung zunehmend auch auf die Nachfrageseite auswirke – und gerade in Deutschland auf die Exportnachfrage durch die konjunkturelle Schwächephase Chinas. Schon im August seien rückläufige Auftragseingänge für das Verarbeitende Gewerbe vor allem auf nachgebende Orders für Investitionsgüter aus dem nichteuropäischen Ausland zurückzuführen.
Insgesamt sei in Deutschland für das vierte Quartal eine wirtschaftliche Stagnation wahrscheinlich. Auf europäischer Ebene sei ebenfalls eine Abkühlung der wirtschaftlichen Dynamik zu verzeichnen, wenngleich diese weniger stark ausfällt. Als zusätzlicher Grund werde gemäß Einkaufsmanagerindizes die Befürchtung wieder steigender Corona-Fallzahlen mit negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft befürchtet. Andererseits widerspricht die Zunahme der Beschäftigungsrate laut Mumm der These einer beginnenden Stagflation. Trotz wirtschaftlicher Schwächesignale sei bei der Inflation allerdings vorerst keine Entlastung zu erwarten. In dieser Woche werden für Deutschland und die Eurozone die Oktober-Verbraucherpreisindizes sowie der Anstieg der deutschen Importpreise veröffentlicht. Erwartet werde jeweils ein erneut stärkerer Anstieg, der schon in den vergangenen Wochen für steigende Zinsen bei Staatsanleihen gesorgt haben. Damit rücke auch die Sitzung des EZB-Rates in den Vordergrund. Zwar sei keine veränderte Einschätzung der Inflationserwartungen der EZB wahrscheinlich, doch werde eine Indikation zur weiteren Handhabung des Ende März auslaufenden PEPP-Anleihekaufprogramms erwartet. Angesichts des steigenden Inflationsdrucks sei davon auszugehen, dass nach der US-Notenbank Fed ab dem zweiten Quartal auch die EZB die Volumina ihrer Anleihekäufe reduziert. Während die Zinsen sukzessive weiter anziehen dürften, trübten sich die Aussichten für Aktien zunehmend ein. (DFPA/mb1)
Die Donner & Reuschel AG ist eine Privatbank mit Hauptsitz in Hamburg. Das 1798 gegründete Unternehmen gehört seit dem Jahr 1990 zur Versicherungsgruppe Signal Iduna.