Private Altersvorsorge und Inflation: Der Lebensstandard im Alter steht auf dem Spiel
Immobilien, private Rentenversicherungen mit Garantie und Aktien beziehungsweise Aktienfonds – das sind laut Umfragen des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) in Marburg die Top drei der privaten Altersvorsorge in Deutschland in absteigender Reihenfolge. Seit einigen Jahren wird ein deutlicher Trend in Richtung aktienbasierter Geldanlagen sichtbar, doch das ausgeprägte Sicherheitsbedürfnis treibt viele Menschen nach wie vor auch in renditeschwache Anlagen. Darauf verweist Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA.
Das Hauptproblem dabei: Die derzeitige Inflation sei kein kurzzeitiges Phänomen, Aussitzen keine Lösung. Pandemiebedingte Nachholeffekte und explodierende Energiepreise waren nur die Zündung. Nährboden dafür sei auch die von den Zentralbanken durch Anleiheankäufe immens ausgeweitete Geldmenge. Darüber hinaus hätten die Aufkäufe massiv auf die Zinsen gedrückt und allein schon damit zinsbasierten Vermögensaufbau quasi unmöglich gemacht. Die durch Corona und die geopolitische Lage massiv ausgeweitete Staatsverschuldung, fehlende Ausgabendisziplin der öffentlichen Hand und Zukunftsprojekte wie die Finanzierung der Dekarbonisierung werfe die Frage auf, was wichtiger ist: Das Eindämmen der Inflation durch mutige Zinsschritte oder die Finanzierungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand, die bei steigenden Zinsen wegen der hohen Belastungen der Staatshaushalte zunehmend schwinden.
Für viele stelle sich die Frage, ob es mit der bevorzugten Vorsorgeform überhaupt noch möglich sei, einen langfristigen Mehrwert zu erzielen. Eine eindeutige Antwort gebe es nicht. Mit klugen Entscheidungen und kompetenter Beratung lasse es sich auch bei einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis gewinnbringend vorsorgen. An vielen Stellen sei auch die Politik gefragt. Ein zukunftsfähiges Konzept zur privaten Altersvorsorge muss gewährleisten, dass sich die Menschen auch in solchen Marktlagen eigenständig absichern können. Sicherheit zulasten von Renditeerwartungen sei ein legitimes Anlageprofil bei Altersvorsorge und Geldanlage. Denn gerade im Alter ist laut Heuser Kalkulationssicherheit für die Einnahmen unerlässlich. Sicherheit sei aber letztendlich nur bei Investitionen in Nominalanlagen mit bestmöglicher Bonität des Emittenten realisierbar.
Wirkungsvoller bei steigender Inflation sei die stärkere Einbindung des Aktienmarkts in die Altersvorsorge, da dieser in gewissem Maße der Inflation trotzen kann. Viele Unternehmen könnten steigende Kosten auf der Einkaufsseite über die Verkaufspreise an ihre Kunden weitergeben und so auch in Inflationszeiten Gewinne und Dividenden real halten sowie Kurssteigerungen realisieren. Immer mehr Sparer sehen diese Vorzüge. Die hohe Inflation und dahinter zurückbleibende Lohnsteigerungen bergen laut Kommentar die Gefahr, dass private Haushalte wegen der Verteuerung des lebensnotwendigen Konsums laufende Vorsorge- und Sparverträge nicht mehr bedienen und keinen neuen mehr abschließen können. Die Folgen wären abnehmende Sparquoten und ein sinkendes Alterssicherungsniveau der Bevölkerung. Das gesamte Alterssicherungssystem in Deutschland brauche deshalb eine Überprüfung auf Inflationsresistenz. (DFPA/mb1)
Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung GmbH (DIVA) ist das Forschungsinstitut des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV) und Hochschulinstitut der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW).