Robeco: Lohn-Preisspirale und höheres Haushaltsdefizit in den USA denkbar
Der US-Präsident Donald Trump plant die prosperierende US-Wirtschaft weiter zu stimulieren, schreibt Lukas Daalder, Chefanlagestratege der Fondsgesellschaft Robeco, in einem Marktkommentar. Dies geschehe während das US-Defizit zunehme und die US-Arbeitslosigkeit auf einem Tiefstand liege. „Die angesichts von Vollbeschäftigung verabschiedeten Steuersenkungen könnten eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen oder das Leistungsbilanzdefizit der USA erhöhen. Die geplanten Einfuhrzölle seien kaum als hilfreich anzusehen, heißt es ergänzend.
Das US-Haushaltsdefizit sei von 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in 2015 – dem niedrigsten Wert im laufenden Konjunkturzyklus – auf 3,1 Prozent in 2016 und weiter auf 3,4 Prozent in 2017 gestiegen. Aufgrund der Steuersenkungen werde aktuell mit einem weiteren Anstieg des Haushaltsdefizits auf 4,5 Prozent in 2019 gerechnet. Einige Finanzinstitute würden sogar fünf Prozent oder mehr prognostizieren, schreibt Robeco.
In der Historie sind Haushaltsdefizite von mehr als fünf Prozent schon mehrfach vorgekommen: 1983 unter Präsident Reagan, 1992 unter Präsident Clinton und 2009 während der starken Rezession, als das Defizit zweistellige Werte erreichte. „Der große Unterschied gegenüber früheren Phasen mit hohen Defiziten ist die Entwicklung der Arbeitslosenquote“, betont Daalder. „In allen vorangegangenen Zeitabschnitten war die Arbeitslosigkeit hoch – bei steigender Tendenz: 9,6 Prozent in 1983, 7,5 Prozent in 1992 und 9,6 Prozent in 2009. Dagegen könnte die Arbeitslosenquote in nächster Zeit auf unter vier Prozent sinken. Wer die unter Reagan ergriffenen fiskalpolitischen Stimulierungsmaßnahmen mit dem vergleicht, was Trump zurzeit macht, lässt diesen Punkt offensichtlich außer Acht“, analysiert Daalder.
In der Kapazitätsauslastung der US-Industrie von aktuell rund 76 Prozent sieht Daalder einen Hinweis darauf, dass Kapazitätsreserven vorhanden wären. Einschränkend heißt es, diese Kennzahl sei möglicherweise wenig verlässlich, weil der Dienstleistungssektor dominanter geworden wäre.
Zu den jüngst beschlossenen Plänen, Aluminium- und Stahlimporte mit Zöllen zu belegen meint Daalder: „Wer den Außenhandelssektor als mögliches Ventil ausschaltet, das einen Teil des in der
Binnenwirtschaft entstehenden Drucks abgeben kann, macht eine Überhitzung nur wahrscheinlicher.
Weiter steigende Löhne und Gehälter sowie eine stärkere Inflation – teilweise infolge der höheren
Einfuhrzölle – werden die US-Notenbank dazu bringen, ihre Leitzinsen schneller zu erhöhen, was die Wirkungen der Steuersenkungen konterkariert“, analysiert Daalder. Hinzu komme: „Höhere Zinssätze und Anleiherenditen könnten zu einer kräftigen Aufwertung des US-Dollars führen, was den USA im internationalen Handel nur schaden würde.“
Quelle: Marktkommentar Robeco
Die Fondsgesellschaft Robeco mit Sitz in Rotterdam ist eine Tochtergesellschaft der japanischen Investmentbank Orix Corporation. (TS1)