Stau auf den Weltmeeren treibt Inflation
Jeder zwölfte Container weltweit steckt in einem Stau. Auch aufgrund von wachsenden Exporten Chinas stiegen die Frachtraten auf Containerschiffen innerhalb eines halben Jahres auf das Vierfache. Das dürfte auch zu höheren Verbraucherpreisen im Euroraum führen, meint Dr. Vincent Stamer vom Commerzbank Economic Research.
Nachdem sich der maritime Transport im vergangenen Jahr von massiven Staus und extremen Frachtraten der Pandemiejahre erholt hatte, steigen nun die Transportkosten erneut. Dies zeigt sich besonders in den Frachtraten pro Container auf der Route von China nach Europa. Zunächst waren die Frachtraten im vergangenen Dezember angestiegen, als die Angriffe der Houthi-Rebellen im Roten Meer die Reedereien zum Ausweichen um Afrika gezwungen haben. Seit zwei Monaten steigen die Frachtraten nun erneut. Mittlerweile erzielen die so genannten Spotraten, die Kosten für kurzfristig versteigerte Transportplätze auf den Containerschiffen, etwa 7,000 US-Dollar. Vor der Pandemie hatte die Frachtrate etwa zwischen 1,000 und 2,000 US-Dollar geschwankt.
Verspätungen von Containerschiffen führen zu Staus vor Häfen
Verantwortlich für die hohen Transportkosten sind einerseits Nachwirkungen der Houthi-Angriffe im Roten Meer. Reedereien leiten ihre Frachtschiffe auf den Routen zwischen Ostasien und Europa größtenteils um das Kap der Guten Hoffnung. Dadurch verlängert sich die Reisezeit auf einer Strecke um etwa zehn bis zwölf Tage. Zunächst konnte das Containerschiffnetzwerk die Belastung aufgrund vieler neu gebauter Schiffe gut auffangen. Nun führen die Verspätungen der Meeresriesen auf der Rückreise nach Asien jedoch zu Staus und mehrtägigen Wartezeiten vor Häfen wie Singapur, wo besonders viele Container umgeladen werden. Die Störungen bei Singapur und Umleitung von Routen sind so massiv, dass die besonders wichtigen Straße von Malacca im Nordwesten der Metropole zur Zeit von 40 Prozent weniger Schiffe durchquert wird.
Chinesische Exporte stellen das Transportnetzwerk auf die Probe
Aber auch andere Faktoren haben den Frachtverkehr behindert. Nebel an chinesischen Häfen, Starkregen in Südostasien und die Dürre in Panama und die damit verbundenen Einschränkungen des Panamkanals haben weltweit das Risiko von Staus erhöht. Auch Staus im westlichen Mittelmeer haben zugenommen, weil die Häfen dort mit vielen umgeleiteten Containern konfrontiert sind. Daten des Instituts für Weltwirtschaft legen einen Stillstand von 8 Prozent der transportierten Waren nahe. Jeder zwölfte Container steht damit weltweit im Stau. Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass diese Staus sich nur langsam abbauen. Dieser Engpass in der Abfertigung von Fracht trifft auf eine höhere Nachfrage nach Containertransport. Preisbereinigt sind Chinas Exporte seit einem zwischenzeitlichen Tief im Frühjahr 2023 um etwa 20 Prozent gestiegen. Da China mit großem Abstand mehr als jedes Land über das Containerschiffnetzwerk exportiert, reagieren auch Frachtraten sensibel auf Schwankungen im Handel von China. Auch hier deutet sich unmittelbar keine Entspannung an. Denn das moderate Wirtschaftswachstum im Euroraum, das mit sinkenden Leitzinsen der EZB im zweiten Halbjahr einhergehen dürfte, spricht für mehr Importe Europas aus China. Insgesamt zeichnet sich deshalb in den kommenden Monaten keine schnelle Erholung ab. (DFPA/abg)
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