Strukturelle Engpässe könnten Wachstum und Energiewende hemmen
Externe Schocks wie die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine haben Störungen von Lieferketten und Materialengpässe in historischem Ausmaß verursacht. Die Megatrends Dekarbonisierung (Klimaschutz), Digitalisierung und Demografie sowie Tendenzen in Richtung Deglobalisierung könnten in den 2020er Jahren (und darüber hinaus) für strukturelle Angebotsengpässe sorgen. Das sind die Kernaussagen des aktuellen „Deutschland-Monitors“ von Deutsche Bank Research.
Diese Engpässe dürften mit relativen Wachstumseinbußen und höheren Preisen einhergehen. Bei Rohstoffen wie Kupfer, Kobalt, Nickel oder Lithium dürfte die globale Nachfrage schneller steigen als das Angebot. Risiken für die Versorgungssicherheit resultieren aus einer regionalen Konzentration der Förderung und Verarbeitung von Rohstoffen. Hier ist China der dominierende Anbieter. Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen, sollten die Rohstoffimporte regional stärker diversifiziert werden. Dies ist eine große handelspolitische Herausforderung für die EU und Deutschland.
Nicht nur bei Rohstoffen und einzelnen Vorprodukten zeichnen sich strukturelle Angebotsengpässe ab. Auch die Verfügbarkeit von Arbeitskräften wird zunehmend zu einem Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung. Bis 2035 dürfte die Zahl der Menschen im Erwerbsalter in Deutschland, je nach Netto-Zuwanderung, um 1,6 bis 4,8 Millionen schrumpfen.
Darüber hinaus besteht die Gefahr von Angebotsengpässen bei der physischen Infrastruktur in Deutschland. So muss das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien oder Stromnetzen erhöht werden, wenn die Ziele der Energiewende erreicht werden sollen. Zudem bedarf es neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke, um aus der Kohleverstromung aussteigen zu können. Auch bei der Schieneninfrastruktur müssen Engpässe überwunden werden.
Aus Sicht von Deutsche Bank Research dürften die Angebotsengpässe dazu beitragen, dass das Potenzialwachstum in Deutschland in den kommenden Jahren näher an der 0,5- als an der ein-Prozent-Marke und dass die Inflationsrate eher über als unter dem zwei-Prozent-Ziel liegen wird. Der technische Fortschritt ist für die kommenden Jahre der wesentliche Hoffnungsträger, mit dem es gelingen kann, klimaverträgliches Wirtschaftswachstum mit sozialem Ausgleich zu ermöglichen. Der vollständige „Deutschland-Monitor“ steht auf der Website von Deutsche Bank Research zum Download zur Verfügung. (DFPA/ljh1)
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