Studie: Tiefe Kluft zwischen Frauen und Männern bei der Rente
Der Lohnrückstand von Frauen ist in Deutschland mit konstant 22 Prozent sehr groß im europäischen Vergleich. Doch schaut man auf die Renten, fällt der Abstand noch weitaus gravierender aus. Dies konstatieren Dr. Christina Klenner, Gender-Expertin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, sowie Dr. Peter Sopp und Dr. Alexandra Wagner vom Forschungsteam Internationaler Arbeitsmarkt in Berlin.
In einer neuen Auswertung aktueller Daten aus dem „WSI Gender-Daten-Portal“ haben sie dokumentiert, welche Unterschiede es bei der Alterssicherung zwischen Frauen und Männern gibt. Nach ihrer Analyse sind Frauen sowohl bei der gesetzlichen Rente als auch bei der betrieblichen Altersversorgung klar im Nachteil. Gleichzeitig profitieren sie stärker von Elementen des sozialen Ausgleichs im Rentenrecht, vor allem bei der Hinterbliebenenversorgung.
Die Rente sei damit ein „Spiegelbild der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei der Erwerbsbeteiligung“, heißt es in der Studie, die als „WSI-Report“ erscheint. Dass Arbeitnehmerinnen schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen, häufiger in Minijobs oder Teilzeit beschäftigt seien und oft Auszeiten für die Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen nehmen müssten, habe Folgen für die finanzielle Situation im Alter. Ausgleichsmechanismen wie die Anrechnung von Erziehungszeiten könnten diese Schieflage nur zum Teil korrigieren.
Betrachtet man alle eigenen Alterssicherungseinkommen aus gesetzlicher Rente, privater Vorsorge und Betriebsrenten, zeige sich eine erhebliche Lücke zulasten von Frauen. Klenner, Sopp und Wagner zitieren Berechnungen der Rentenexpertin Brigitte Loose, denen zufolge der „Gender Pension Gap“ 2011 bei 57 Prozent lag. Im Osten, wo Frauen traditionell häufiger berufstätig seien, war die Kluft mit 35 Prozent deutlich kleiner als im Westen mit 61 Prozent. Langfristig zeigte sich ein Trend zur Angleichung zwischen den Geschlechtern: 1992 betrug der Unterschied in Deutschland noch 69 Prozent.
Als gesetzliche Altersrente erhielten Frauen 2014 durchschnittlich 618 Euro, Männer 1.037 Euro. Das entspricht einer Differenz von über 40 Prozent. Wesentlich besser schneiden Frauen bei den Hinterbliebenenrenten ab: Witwen bekommen mit 592 Euro im Schnitt etwa doppelt so viel ausbezahlt wie Witwer. Der Grund: Die Rente des verstorbenen Ehepartners war bei den Witwen in der Regel höher als bei den Witwern, die eigenen Altersbezüge, die auf die Hinterbliebenenrente angerechnet werden, fallen bei den Frauen geringer aus.
Erheblich zurück liegen die Frauen bei der betrieblichen Altersvorsorge: 2011 bezogen 25 Prozent der männlichen und sechs Prozent der weiblichen Ruheständler eine Betriebsrente der Privatwirtschaft. Die Zahlungen waren mit 574 Euro bei den Männern im Schnitt fast dreimal so hoch wie bei den Frauen. Zumindest bei der Reichweite zeichnet sich aber eine Änderung ab: Aktuell erwerben 46 Prozent der Arbeitnehmerinnen und 51 Prozent der Arbeitnehmer Ansprüche in der betrieblichen Altersvorsorge der Privatwirtschaft.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
Die Hans-Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und wurde im Juli 1977 gegründet. (mb1)