Studie zu nachhaltigen Fonds: "Neue Zahlen zeigen Greenwashing im großen Stil"
Innerhalb der vergangenen zwei Jahre hat sich das Vermögen von Publikumsfonds und ETF, die sich als „nachhaltig“ bezeichnen, fast verdoppelt. Finanzwende Recherche hat sich deshalb genauer angeschaut, wie dieses Geld investiert wird. Dazu wurden 314 in Deutschland angebotene Fonds mit einem Volumen von etwa 100 Milliarden Euro näher untersucht. Das Ergebnis sei „ein vernichtendes Zeugnis für den Boom grüner Geldanlagen“.
Laut der Untersuchung unterscheide sich die Verteilung der angelegten Gelder auf Sektoren zwischen nachhaltigen und konventionellen Fonds kaum. Weder besonders problematische Unternehmen noch schädliche Sektoren werden oftmals ausgeschlossen, heißt es. So liegen über 70 Prozent der nachhaltigen Investitionen im Bereich Energie in fossilen Energien, darunter fast 100 Millionen Euro in Kohle. Auch ein Schwerpunkt auf klar zukunftsträchtige Investments sei nicht erkennbar. „Die Verpackung der Fonds ist hui, doch der Inhalt viel zu oft pfui“, meint Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei Finanzwende.
Bei Betrachtung von einzelnen Aktien, die in als nachhaltig beworbenen Fonds vorkommen, werde das Problem besonders deutlich. Mit Aktien im Wert von zwölf bis 86 Millionen Euro seien die großen Öl-Multis Shell, ExxonMobile, BP, Chevron und Total im Gesamtportfolio vertreten. Über 563 Millionen „nachhaltige“ Euro steckten in Amazon-Aktien, 439 Millionen Euro davon haben nachhaltige Fonds allein seit dem Jahr 2019 zugekauft. Noch im Mai 2020 steckten 17 Millionen vermeintlich nachhaltiger Gelder in Wirecard-Aktien. Erst im August 2020 seien die letzten Aktien verkauft worden. „Sozial, umweltfreundlich und gut geführt sollten Unternehmen sein, die in nachhaltigen Fonds stecken. In der Realität sieht es leider oft ganz anders aus“, stuft Senn von Finanzwende die Ergebnisse ein.
Auch beim Abgleich des Aktienbesitzes eines nachhaltigen Deka-Fonds fielen nur geringfügige Unterschiede zum konventionellen Pendant auf, heißt es weiter. Die größten zehn Positionen (Stand: Mai 2021) seien in beiden Fonds exakt identisch, mit nur leicht anderen Anteilen. Der Großteil der im „Deka GlobalChampions“ enthaltenen Werte, darunter zum Beispiel Aktien von Amazon und Johnson & Johnson (Stichwort: Opioide), finden sich auch im „Deka-Nachhaltigkeit GlobalChampions“.
Senn: „Das große Versprechen vieler grüner Fonds, mit der Geldanlage gleichzeitig Gutes für Mensch und Umwelt zu tun, ist kaum mehr als Grünfärberei.“ Um für Besserung zu sorgen, schlägt die Organisation unter anderem einen einheitlichen und strengen europäischen Standard für nachhaltige Geldanlagen vor, der wirklich nachhaltiges Investieren leichter macht. (DFPA/JF1)
Finanzwende Recherche ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende. Die Organisation verwirklicht ihre Ziele wie Aufklärung und Verbraucherschutz, indem sie Informationen sammelt und für die Öffentlichkeit aufbereitet.