"Value entscheidet die Baisse für sich"
Die Themen, die momentan die Finanzwelt in Atem halten, sind seit längerem dieselben: die Geldpolitik der FED und der EZB, die inflationären Tendenzen, das nachlassende globale Wachstum, der anhaltende Konflikt in der Ukraine und die Verschlechterung der Konjunktur in China, schreibt Patrick Linden, Partner und Geschäftsführer Deutschland bei Clartan Associés, in seinem aktuellen Marktkommentar.
Die Reaktionen an den Aktienmärkten waren in diesem Zeitraum zeitlich betrachtet nach Unternehmenskategorien differenzierbar. Während anfangs hauptsächlich Wachstumswerte Federn ließen, habe es mit zeitlicher Verzögerung auch Value-Unternehmen getroffen.
Laut Linden sei dies nicht überraschend, da das weltweite Wachstum regelmäßig nach unten korrigiert wird. In Europa wird nach den jüngsten Zahlen der Europäischen Kommission mit weniger als drei Prozent gerechnet. „Die sich verdüsternden Wachstumsaussichten sind natürlich das Ergebnis der Gleichung aus den eingangs erwähnten Faktoren“, schreibt Linden.
Aus Sicht des Experten scheinen an der geldpolitischen Front die Initiativen zur tatsächlichen (plus 50 Basispunkte in den USA) oder künftigen (plus 25 Basispunkte in Europa) Straffung der Geldpolitik gut verdaut zu sein. Zumindest wenn sie als „Fine Tuning“ ohne größere Überraschungen bei der Steuerung von Wachstum und Inflation interpretiert werden. Diese Stimmung bleibe jedoch fragil. Die Nebenwirkungen der geopolitischen Entwicklungen in Osteuropa und die gesundheitlichen Einschränkungen der chinesischen Wirtschaft erschwerten die Wiederbelebung der Logistikketten nach der Pandemie und verstärken den Inflationsdruck. Insgesamt schüre dies die Anfälligkeit der Märkte, was sich in einem weiterhin hohen Volatilitätsindex widerspiegele. So liegt der amerikanische VIX-Index aktuell bei rund 26 und der MSCI Europe sowie MSCI World fielen im Mai um 1,48 Prozent beziehungsweise 1,87 Prozent.
„Eine solche Gemengelage zieht selbstverständlich auch Substanzwerte in Mitleidenschaft, auch wenn diese weniger Kapital zur Refinanzierung benötigen und steigende Zinsen somit nicht zu sehr ins Gewicht fallen. Trotzdem lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Größere Wertverluste erlitten im Value-Segment nämlich ausschließlich Titel, die ohnehin zu großzügig bewertet waren. Das beste Mittel zum Aufbau eines krisenfesten und ausgewogenen Portfolios ist mehr denn je die Kombination aus qualitativer und preislicher Analyse. Diese Grundausrichtung hat sich in Zeiten der Euphorie vorübergehend als nachteilig erwiesen, doch dieses Jahr hat gezeigt, wie wirkungsvoll die Strategie auf lange Sicht ist. Denn bei konsequenter Anwendung übersteht sie auch schwierige Lagen wie die aktuelle mit einer mindestens ausgeglichenen Performance, die den Markt deutlich schlägt“, so Linden abschließend. (DFPA/JF1)
Clartan Associés ist ein unabhängiger Vermögensverwalter mit Hauptsitz in Paris. Clartan Associés ist in Deutschland mit einer Niederlassung in Bonn vertreten. Das verwaltete Vermögen beträgt per 31. Dezember 2021 circa 1,1 Milliarden Euro.