Verbraucher sehen sich bei digitalen und Finanzthemen am wenigsten geschützt
Die Mehrheit der Verbraucher (79 Prozent) hält die Politik dafür verantwortlich, Verbraucherinteressen zu schützen. Doch nur jeder Vierte (26 Prozent) vertraut der Politik dabei auch eher oder sehr stark. Dem stehen 70 Prozent gegenüber, die ein eher geringes oder überhaupt kein Vertrauen haben. Das zeigt der erste Verbraucherreport des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). „Der Verbraucherreport hat ein Vertrauensleck offengelegt. Wenn Verbraucher das Gefühl haben, dass ihre Interessen nicht ausreichend wahrgenommen werden, sorgt das für Verunsicherung. Es braucht eine starke Verbraucherpolitik, um Verbrauchern wieder mehr Sicherheit zu geben”, so vzbv-Vorstand Klaus Müller.
Verbraucherschutz spielt für das Sicherheitsempfinden eine zentrale Rolle, wie der Verbraucherreport von Kantar Emnid im Auftrag des vzbv zeigt. Demnach sagen 90 Prozent der Befragten, dass Verbraucherschutz eher bis äußerst wichtig für ihre persönliche Sicherheit als Verbraucher sei.
Jeder dritte Befragte (35 Prozent) hat schon einmal erfahren müssen, dass seine Interessen als Verbraucher nicht ausreichend geschützt waren. Am wenigsten geschützt fühlen sich die Befragten bei den Themen Finanzen und Versicherungen sowie Telefon und Internet. Nur jeweils 58 Prozent geben an, dass ihre Interessen in diesen Bereichen eher oder sehr gut geschützt seien. Bei Reisen und Verkehr meinen das immerhin 72 Prozent.
Diese Erkenntnisse aus dem Verbraucherreport decken sich mit Erfahrungen aus den 16 Verbraucherzentralen in den Ländern. Im Jahr 2016 gingen dort rund 265.000 Verbraucherbeschwerden ein, die meisten zu Postdienstleistungen und Telekommunikation (28,7 Prozent) sowie zu Finanzdienstleistungen (27,6 Prozent).
Ein Top-Thema aus Verbrauchersicht ist die Altersvorsorge: 89 Prozent der Verbraucher halten die Forderung, eine ausreichende Altersversorgung sicherzustellen, für wichtig oder sogar äußerst wichtig. Der vzbv spricht sich für ein effizientes Non-Profit-Standardprodukt aus: „Viele Anlageprodukte sind zu teuer und werfen damit zu wenig Rendite ab. Verbraucher müssen für ein gutes Leben im Alter mehr von ihrem Geld haben“, sagt Müller. Der vzbv schlägt einen Non-Profit-Vorsorgefonds vor, der kosteneffizient wirtschaftet und keine eigenen Gewinninteressen verfolgt. Auf teure Garantien sollte verzichtet werden. Verbraucher sollten aber zwischen Risikoklassen wählen können.
Anlässlich der bevorsteheneden Bundestagswahl fordert der vzbv zudem mehr Transparenz bei Algorithmen und unabhängige Kontrolle. Ob bei Vergleichsportalen oder Versicherungen. Müller: „Algorithmen dürfen kein Geheimnis sein. Nur wenn klar ist, mit welchen Kriterien Algorithmen arbeiten und wie diese bewertet werden, können sich Verbraucher gegen Diskriminierung wehren.“ Gerade in sensiblen Bereichen, etwa beim Auto oder bei Finanzen, sei Kontrolle nötig.
Quelle: Pressemitteilung vzbv
Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation von 40 Verbraucherverbänden. Der im Jahr 2000 gegründete Verbraucherverband vertritt die Interessen der Verbraucher gegenüber Politik, Verwaltung, Justiz, Wirtschaft und Öffentlichkeit. (JF1)