Rückläufige Investitionen in Fonds und dennoch verzeichnet die Branche Rekordzahlen - Wie geht das?
Am 11. Februar 2015 meldete die „Welt“ in ihrer Online-Ausgabe, dass die anhaltende Niedrigzinsphase die deutschen Fondsanbieter jubeln lasse. „2014 war ein Rekordjahr für die Branche: Noch nie in der Geschichte verwaltete sie so viel Vermögen“, sagte Holger Naumann, Präsident des deutschen Fondsverbandes BVI, bei der Vorlage der Jahreszahlen. Das verwaltete Vermögen stieg auf einen neuen Höchststand von 2,4 Billionen Euro. Damit hat sich das Kapital in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Fragt man aber die Bundesbürger, ob sie in Aktien oder Fonds investiert sind, so wird diese Frage vielfach negiert. Viele Anleger haben nach wie vor kein Wertpapierdepots mit Aktien- oder Anleihenfonds, dafür aber eine Lebensversicherung oder eine Betriebsrente, in die sie einzahlen. Damit investieren sie allerdings passiv in Fonds, denn dieses Geld lassen die Versicherer und Pensionskassen zum Teil in Spezialfonds verwalten, was vielen Anlegern nicht bewusst ist. Im Vorjahr steckten Anleger unter dem Strich 123 Milliarden Euro zusätzlich in Investmentfonds – das war geringfügig mehr als im bisherigen Rekordjahr 2000. Rund 91 Milliarden Euro machten dabei Zuflüsse in Spezialfonds aus, 32 Milliarden Euro verbuchte die Branche in Publikumsfonds, das war der höchste Wert seit 2005. 2015 sehe es bisher so aus, als setze sich dieser Trend fort, sagte Naumann: „Wir erwarten positive Mittelzuflüsse auch in diesem Jahr.“ Vor allem Mischfonds, die zum Teil in Aktien, zum Teil in Anleihen und andere Anlageklassen investieren, erfreuten sich großer Beliebtheit. 23 Milliarden Euro flossen 2014 in diese Produkte, überwiegend von Privatanlegern. Rentenfonds (17 Milliarden Euro) und offene Immobilienfonds (zwei Milliarden Euro) folgen auf den Plätzen. Für reine Aktienfonds weist die Verbandsstatistik dagegen ein Minus von zehn Milliarden Euro aus.
Aber: Ein genauerer Blick in die Statistik offenbart jedoch, dass es der Fondsbranche längst nicht so gut geht, wie es der Interessenverband mit den Rekordzahlen zeigen will. Denn nur ganz wenige Anbieter verbuchten im vergangenen Jahr tatsächlich nennenswerte Mittelzuflüsse. Addiert man die Zuflüsse in Publikumsfonds der drei verkaufsstärksten Gesellschaften Allianz Global Investors, Deutsche Asset & Wealth Management und Union Investment kommt man auf 34 Milliarden Euro. Das sind zwei Milliarden mehr als die gesamte Branche 2014 einsammelte, der Rest hatte unterm Strich also sogar leichte Mittelabflüsse. Die Großen verfügen über starke Vertriebsmannschaften, die – angetrieben von Provisionen – Fonds an Kunden bringen. Dass Privatanleger von sich aus aktiv nach Misch- oder Rentenfonds fragen, lässt sich dagegen weiterhin nicht feststellen. Viele kleinere Gesellschaften, die beispielsweise kein Filialnetz haben, verzeichneten 2014 laut BVI-Statistik Abflüsse.