Verbraucherzentrale Hamburg verklagt Alte Leipziger
Das Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale Hamburg hat Klage gegen den Versicherer Alte Leipziger eingereicht. Grund dafür: Nach Auffassung der Verbraucherschützer genügen Standmitteilungen, die das Unternehmen jährlich an Lebens- und Rentenversicherungskunden verschickt, nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen. Aufgefallen war das Unternehmen im Rahmen der Marktwächteruntersuchung zu Standmitteilungen, die im vergangenen Juli veröffentlicht wurde.
Laut Versicherungsvertragsgesetz haben Verbraucher Anspruch darauf, „alljährlich eine Information über den Stand der Überschussbeteiligung zu erhalten“. Außerdem stehen ihnen Informationen darüber zu, „inwieweit diese Überschussbeteiligung garantiert ist“. Diesen gesetzlichen Informationspflichten kommt die Alte Leipziger nach Ansicht der Marktwächter jedoch nicht nach. Die Versicherungsgesellschaft weise in ihren Standmitteilungen lediglich eine prognostizierte Ablaufleistung inklusive möglicher künftiger Überschüsse aus. Die Höhe der bereits gutgeschriebenen Überschüsse nenne sie jedoch nicht. Versicherungsnehmer könnten also nicht erkennen, wie sich die Überschüsse in der Vergangenheit entwickelt haben, ob sie hinter den Erwartungen zurückbleiben und wo ihr Vertrag aktuell steht.
„Eine Standmitteilung ist kein Horoskop“, sagt Sandra Klug, Leiterin des für Versicherungen zuständigen Hamburger Marktwächter-Teams. „Die vagen Prognosen der Alten Leipziger helfen Verbrauchern bei der eigenen Finanz- und Vorsorgeplanung nicht weiter. Dafür brauchen sie verlässliche Informationen, und die schreibt der Gesetzgeber sogar vor. Daran muss sich die Alte Leipziger halten.“
Nach einer Abmahnung durch das Marktwächter-Team stellte die Alte Leipziger nur in Aussicht, die Ablaufleistung künftig als Gesamtsumme inklusive der garantierten Überschüsse auszuweisen. Den Hamburger Verbraucherschützern reicht das nicht, die garantierten Überschüsse müssten einzeln aufgeführt werden. Daher haben sie vor dem Landgericht in Frankfurt am Main jetzt Klage gegen den Anbieter eingereicht „Das Versicherungsvertragsgesetz verlangt lediglich ein Minimum an Informationen für Verbraucher. Umso unverständlicher ist es, wenn ein Versicherer nicht einmal diese Anforderungen erfüllt“, meint Klug. „Wer komplexe Produkte wie Kapitallebensversicherungen auf den Markt bringt, sollte Verbrauchern auch vermitteln können, welche Summen in den einzelnen Leistungsfällen garantiert sind.“
Die im vergangenen Juli veröffentlichte Marktwächter-Untersuchung „Klartext oder Rätsel“ zum Informationsgehalt von Standmitteilungen habe gezeigt, dass viele Versicherer die gesetzlichen Mindestanforderungen ignorieren, so die Marktwächter. Bei mehr als einem Viertel der überprüften Schreiben wurden die vorgeschriebenen Informationen demnach nicht aufgeführt. „Der Fall, den wir jetzt vor Gericht bringen, steht somit nicht für sich allein“, erklärt Klug. „Der bevorstehende Gerichtsprozess ist auch eine Chance für eine präzisere Rechtsprechung in diesem Bereich“, so Klug weiter.
Quelle: Pressemitteilung Marktwächter Finanzen
Der „Marktwächter Finanzen“ ist ein Frühwarnsystem, mit dem der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen den Finanzmarkt aus Perspektive der Verbraucher beobachten und analysieren. Grundlage für diese Arbeit sind Verbraucherbeschwerden und empirische Untersuchungen. Der Marktwächter Finanzen wird bis Ende 2017 mit rund 12,4 Millionen Euro gefördert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV). (AZ)