"Änderungen bei Solvency II dürfen nicht zum unkoordinierten Flickenteppich werden"
„Solvency II hat mit seinem risikoorientierten Ansatz in den vergangenen Jahren erheblich zur Stabilisierung der Versicherer in Europa beigetragen. Daher sollten Änderungen nur mit Augenmaß vorgenommen werden, um diese positive Entwicklung nicht zu gefährden“, zeigte sich der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), Dr. Guido Bader, angesichts des bevorstehenden Reviewprozesses von Solvency II besorgt.
Anders als in der mehr als zehnjährigen Vorbereitungsphase verzichte die Europäische Versicherungsaufsicht (EIOPA) zunehmend auf gesamthafte Auswirkungsstudien. Vielmehr würden angedachte Modifikationen an den Solvency-II-Elementen nicht oder nur isoliert voneinander getestet. „Damit droht dieser wichtige Reviewprozess zum Flickenteppich zu werden, bei dem mögliche Wechselwirkungen und Rückkopplungen vollkommen unberücksichtigt bleiben“, so Bader. Dies könne nach Analyse der DAV zu unabsehbaren Verwerfungen auf dem Versicherungsmarkt führen. Davon wäre speziell die deutsche Lebensversicherungswirtschaft betroffen, die mit ihren langfristigen Garantiezusagen und garantierten Rückkaufwerten sehr sensibel auf Änderungen der Berechnungslogik reagiere.
Besonders besorgt sind Deutschlands Aktuare über die vorgesehenen Modifikationen an der sogenannten risikofreien Zinsstrukturkurve, die ein Kernelement der marktkonsistenten Bewertung von Versicherungsverpflichtungen ist. Denn jede Änderung an den Modellen könne dazu führen, dass die Unternehmen mehr Risikokapital vorhalten müssen, ohne dass sich ihre reale Risikotragfähigkeit geändert hat. „Daher sollten Anpassungen an den Modellen nur mit größter Vorsicht erfolgen“, unterstrich Bader. Zugleich appellierte er an die EU-Kommission, die vorgesehenen Modifikationen sachgerecht und im Einklang mit der Solvency-II-Richtlinie und der Omnibus-II-Einigung durchzuführen. „Ansonsten drohen die einst nach langen Verhandlungen gefundenen politischen Kompromisse wieder aufgeweicht zu werden“, so Bader abschließend.
Quelle: Pressemitteilung DAV
Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) ist die berufsständische Vertretung der Versicherungs- und Finanzmathematiker mit über 5.000 Mitgliedern. Die Mitglieder der DAV arbeiten für Erst- und Rückversicherungen und Träger der Altersversorgung wie Pensionskassen sowie für Banken und Bausparkassen und Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen. (JF1)