BVI empfiehlt Regulierungspause und fordert faire Wettbewerbsbedingungen
Regulierung bleibt ein bestimmendes Thema der Fondsbranche. Der deutsche Fondsverband BVI zählte allein in den vergangenen sechs Jahren insgesamt 98 Regulierungsvorhaben, davon 39 EU-Richtlinien und 59 nationale Gesetzgebungsverfahren. Insgesamt seien die Regulierer ihrem Ziel, den Verbraucherschutz zu erhöhen und die Systemrisiken zu verringern, ein gutes Stück näher gekommen, so Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI auf der Jahreshauptversammlung. Kritisch wertet er jedoch die zunehmende Regulierungsdichte, denn verstärkt häuften sich uneinheitliche und überlappende Regeln. Der BVI habe daher zwei zentrale Forderungen an Gesetzgeber und Regulator. Richter: „Erstens brauchen wir eine Regulierungspause. Die Regeln der letzten Jahre müssen auf ihre Wirkung geprüft werden. Zweitens müssen die Rahmenbedingungen für unterschiedliche Finanzprodukte so weit wie möglich angeglichen werden, um fairen Wettbewerb zu ermöglichen und Fehllenkungen zu vermeiden.“
Ein prägnantes Beispiel für Mehrfachregeln seien etwa die Offenlegungspflichten der Fondsgesellschaften an Anleger zur Wertpapierleihe. Gleich zwei Richtlinien und eine Verordnung schreiben dazu unterschiedliche Pflichten zu den hinterlegten Sicherheiten vor. Während die europäische Aufsichtsbehörde ESMA Informationen zu Art und Höhe der Sicherheiten und zur Identität der Gegenpartei vorschreibt, sieht der derzeitige EU Verordnungsentwurf zu Wertpapierfinanzierungsgeschäften unter anderem die Auflistung der zehn wichtigsten Wertpapiere und Gegenparteien vor. Die Folgen dieser doppelten Berichtspflichten seien zusätzlicher administrativer und personeller Aufwand für die Fondsgesellschaften.
Oft stehe die Branche auch vor uneinheitlichen Vorgaben. Die verschiedenen Meldepflichten zu Fondsrisiken seien ein solches Beispiel. Hierfür gelten parallel fünf Richtlinien, Verordnungen und Gesetze, zuständig sind gleich drei Aufsichtsbehörden. Entsprechend variieren Umfang, Inhalt und Frequenz der Meldepflichten. Erschwerend kämen die nationalen Alleingänge Deutschlands hinzu, etwa beim Hochfrequenzhandel und beim Trennbankengesetz.
Die Forderung nach faireren Wettbewerbsbedingungen begründet der BVI unter anderem damit, dass die Regulierung in der Praxis eine unbeabsichtigte Lenkungswirkung entfaltet. Bestes Beispiel dafür seien die Vertriebsregeln für Finanz- und Versicherungsprodukte. Berater in Finanzprodukten, die unter die Finanzmarktrichtlinie „MiFID II“ fallen, dürfen sich zum Beispiel künftig nur dann als unabhängig bezeichnen, wenn sie von den Produktanbietern keine Provisionen annehmen und dem Kunden eine breite Produktpalette anbieten. Das soll für Versicherungsvermittler jedoch nicht gelten. Bei Fonds müssen Provisionen außerdem dazu bestimmt sein, die Beratungsqualität zu verbessern. Bei Versicherungen soll es genügen, wenn die Provisionen dem Kunden nicht schaden. Dieses Regulierungsgefälle benachteilige jedoch Fonds gegenüber Versicherungen. Ein weiteres Beispiel für eine unbeabsichtigte Lenkungswirkung sei das Beratungsprotokoll, das nach dem Wertpapierhandelsgesetz für die Anlageberatung in Wertpapieren vorgeschrieben ist. Während ein Berater bei der Beratung zu Fonds, Derivaten und Aktien ein Protokoll ausfüllen muss, gibt es bei Bausparverträgen und Einlagen kein Protokoll. Bei Lebensversicherungen kann der Kunde auf das Protokoll verzichten.
Als positives Beispiel nennt Richter demgegenüber die überarbeitete Form der Verordnung „Packaged Retail and Insurance-based Investment Products“, kurz PRIIPs. Hier gelang ein einheitlicher Informationsstandard für alle Anlageprodukte. Künftig sollen Verbraucher in der EU bei Investmentfonds, kapitalbildenden Lebensversicherungen und Zertifikaten ein einheitliches Produktinformationsblatt erhalten. Richter: „Anleger können künftig Chancen, Risiken und Kosten von Fonds, Zertifikaten und Lebensversicherungen miteinander vergleichen. Das ist ein Meilenstein für faireren Wettbewerb und besseren Verbraucherschutz.“
Quelle: Pressemitteilung BVI
Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main ist Repräsentant der Investmentbranche in Deutschland. Die 80 Mitglieder des 1970 gegründeten Verbands verwalten derzeit über zwei Billionen Euro in Publikumsfonds, Spezialfonds und Vermögensverwaltungsmandaten. (AZ)