Finanzkriminalität: Zur Wurzel des Problems vordringen
Anne Brorhilker, die neue Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende e.V., will den Verein im Einsatz gegen Finanzkriminalität neu auszurichten und ihn zum Gegengewicht der Finanzlobby machen.
Bis vor einem Monat war Brorhilker noch in der Staatsanwaltschaft Köln tätig und dort seit elf Jahren zuständig für CumEx-Geschäfte. „Ich bin Staatsanwältin geworden, weil ich Gleichheit und Gerechtigkeit für zentrale Elemente der Demokratie halte. Im Grundgesetz steht, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind“, so Brorhilker. Im Bereich der Finanzkriminalität seien die Beschuldigten jedoch regelmäßig finanziell exzellent ausgestattet. Und das habe Folgen. Ermittlungen würden gegen Geldauflagen eingestellt, sodass es nie zu Verfahren kommt. Bei der Einstellung von Ermittlungen gegen Finanzkriminalität sei der verursachte Schaden oftmals größer als die Summe, die für die Einstellung aufgebracht werden müsse. Deswegen habe Sie nun Ihre Arbeit vom Einzelfall hin zur Wurzel des Problems zu verlagert, um die Finanzkriminalität in allen seinen Facetten an der Wurzel zu packen. „Ich will erreichen, dass Steuerbetrug in Millionenhöhe nicht sanfter behandelt wird als Sozialbetrug – sondern entsprechend seines Schadens an der Gesellschaft ermittelt, verfolgt, bestraft und aufgeklärt wird“, so Brorhilker.
Dafür wolle sie aus ihren Erfahrungen politische Forderungen formulieren. Dazu gehöre maßgeblich ein höheres und notwendiges Engagement in Ministerien, Parlamenten und Behörden, den CumEx-Betrug aufzuklären und zu verfolgen, die Einhaltung von Gesetzen tatsächlich zu kontrollieren sowie den Staatsanwaltschaften entsprechende Ressourcen und Strukturen bereitzustellen. „Hier ist etwas völlig aus den Fugen geraten. Das Unrecht, das in Anzügen begangen wird, darf nicht weiter als Kavaliersdelikt behandelt werden“, formuliert es Brorhilker, „denn Finanzkriminelle bestehlen uns alle – alle ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“. (DFPA/abg)
Bürgerbewegung Finanzwende e. V. hat sich vor fünf Jahren gegründet und hat seinen Sitz in Berlin. Der Verein engagiert sich für faire und nachhaltige Finanzmärkte, initiiert Kampagnen und ordnet aktuelle Meldungen zur Finanzwelt ein. Finanzwende hat sich 2018 anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Pleite der Lehman Brothers Bank gegründet. Gründungs- und Vorstandsmitglied ist der ehemalige Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick.