Kleinanlegerschutzgesetz erschwert Crowdinvesting in Deutschland
Die Interessensvertretung der Informationswirtschaft Bitkom veröffentlicht eine Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung eines Kleinanlegerschutzgesetzes. Dieser sieht unter anderem die Einführung strengerer Auflagen für Kapital suchende Unternehmen vor. Davon betroffen sind auch Crowdinvesting-Plattform und Start-ups. Bitkom legt nun Ergebnisse einer Blitzumfrage unter mehr als 130 Crowdinvesting-Investoren vor. Fast drei Viertel (71 Prozent) der Befragten lehnen strengere Vorgaben der Politik zum Schutz der Investoren ab. Nur 18 Prozent wünschen sich ein Eingreifen des Gesetzgebers. Jeder Zehnte (11 Prozent) hat dazu keine Meinung.
„Die Investorensuche für Start-ups in Deutschland zu erschweren ist falsch und steht im Widerspruch zur Digitalen Agenda und zum Koalitionsvertrag“, sagt Bitkom-Vizepräsident Ulrich Dietz im Vorfeld einer Expertenanhörung des Bundestag-Finanzausschusses zum Kleinanlegerschutzgesetz am 16.03.2015. „Start-up-Gründer haben in der Regel ihr gesamtes Privatvermögen ins Unternehmen gesteckt und wollen mit aller Kraft ein tolles Produkt entwickeln. Wenn sie dann weiteres Kapital benötigen, um ihr Produkt auf den Markt zu bringen, sollten wir das unterstützen“, so Dietz. „Die Parlamentarier haben die Chance, überbordende Regulierungen zu verhindern und daran mitzuwirken, dass wir in Deutschland mehr Start-ups bekommen - und nicht den bestehenden das Leben erschweren.“
Bitkom argumentiert, dass für Crowdfinanzierung zwar Ausnahmen - etwa bei der Prospektpflicht – vorgesehen seien, diese aber nicht ausreichten. So sollen Ausnahmen nur bis zu einer Gesamtfinanzierungsumme von einer Million Euro gelten. Einzelinvestoren dürfen sich nur mit 1.000 Euro beteiligen, ein größeres Engagement bis maximal 10.000 Euro soll nur bei entsprechenden Vermögens- oder Einkommensnachweisen möglich sein. Anleger sollen ein Informationsblatt ausdrucken und dies unterschrieben an die Crowdinvesting-Plattform zurücksenden. Und diese dürfen ebenso wie die Start-ups selbst nur sehr beschränkt im Internet um Investoren werben. Soweit sie sich nicht auf die Ausnahme für Crowdfinanzierungen berufen können, müssen Start-ups umfangreiche Anlegerinformationen (z.B. Wertpapierprospekt und geprüfte Jahresabschlussunterlagen) bereitstellen und regelmäßig aktualisieren.
„Crowdinvesting muss von den zahlreichen bürokratischen Regelungen des Kleinanlegerschutzgesetzes in deutlich größerem Umfang als bisher vorgesehen ausgenommen werden", sagt Dietz. So fordert Bitkom, die Obergrenze einer Finanzierungsrunde auf fünf Millionen Euro zu erhöhen sowie den zulässigen Anlagebetrag je Investor ebenfalls deutlich anzuheben. Ein Medienbruch, bei dem Internet-Nutzer gezwungen werden, Papierdokumente zu erstellen und zurückzusenden, sei ebenfalls nicht zeitgemäß. Crowdinvesting-Nutzer fühlen sich schon heute gut über ihre Kapitalanlagen in Start-ups informiert. 90 Prozent geben an, dass die Projekte transparent vorgestellt wurden. 62 Prozent halten sich sogar für besser informiert als bei klassischen Investitionen, etwa bei Banken.
Quelle: Pressemitteilung Bitkom
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) vertritt mehr als 2.200 Unternehmen der digitalen Wirtschaft, davon gut 1.400 Direktmitglieder. Sie erzielen mit 700.000 Beschäftigten jährlich Inlandsumsätze von 140 Milliarden Euro und stehen für Exporte von weiteren 50 Milliarden Euro. Zu den Mitgliedern zählen 1.000 Mittelständler, mehr als 200 Start-ups und nahezu alle Global Player aus den Bereichen Software, IT-Services, Telekommunikationsdienste, Consumer Electronics oder digitalen Medien. Bitkom setzt sich insbesondere für eine innovative Wirtschaftspolitik, eine Modernisierung des Bildungssystems und eine zukunftsorientierte Netzpolitik ein. (AZ)