Kommentar: FISG behebt Verantwortungsmangel nicht
Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG), das nun vom Finanzausschuss des Bundestags beschlossen worden ist, löst nach Meinung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) nicht die Probleme, die der Fall Wirecard zutage gefördert hat. Der Finanzplatz Deutschland brauche mehr Verantwortungsbewusstsein an den entscheidenden Stellen statt mehr Regulierung.
Das IDW unterstütze das Ziel, nach dem Fall Wirecard das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland wiederherzustellen. „Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität wird der hiesige Finanzplatz allerdings nicht umfassend gestärkt, sondern an entscheidenden Stellen geschwächt“, kritisiert Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des IDW. Das Gesetz führe dazu, dass die Konzentration im Prüfungsmarkt steigen werde, prophezeit Naumann. Überdies würden Fälle wie Wirecard nicht verhindert.
Das FISG verschärfe die Haftung der Wirtschaftsprüfer deutlich. Einerseits werden die Haftungshöchstsummen für fahrlässige Pflichtverletzungen angehoben, andererseits sollen die Wirtschaftsprüfer künftig bei der Prüfung kapitalmarktorientierter Unternehmen bei grob fahrlässigen Pflichtverletzungen unbegrenzt haften. Versicherer lehnten die Übernahme solcher Risiken ab. „Die Haftungsverschärfung wird vor allem mittelständische Prüfungspraxen faktisch von der Durchführung von Abschlussprüfungen kapitalmarktorientierter Unternehmen ausschließen“, so Klaus-Peter Naumann. Zudem kämen höhere Kosten auf die Wirtschaft zu, da die Haftungsverschärfung, dort wo sie versicherbar bleibt, zu höheren Versicherungsprämien führe.
Mehr Regulierung allein werde die Probleme des Finanzplatzes Deutschland nicht lösen, so die Überzeugung des IDW. Der Fall Wirecard habe deutlich gemacht, dass ein solcher Betrug möglich war, weil die eigene Verantwortung an entscheidenden Stellen des Finanzsystems nur unzureichend wahrgenommen wurde. „Alle Beteiligten müssen sich fragen, ob sie alles getan haben, was möglich und nötig war, um den Betrug aufzudecken und so Schaden von der deutschen Wirtschaft abzuwenden“, sagt Naumann. Für den Vorstandssprecher bestehe die Lösung in einem Kulturwandel auf dem Finanzmarkt. „Wer durch Amt oder Funktion Verantwortung übernommen hat, muss sie auch wahrnehmen. Erst dann werden wir die Gefahren für Betrugsfälle à la Wirecard minimieren“, sagt Naumann.
Die Wirtschaftsprüfer seien bereit, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Dazu gehöre auch, dass sie sich vor dem Hintergrund der Erkenntnisse, die der Berufsstand aus dem Fall Wirecard gewonnen hat, konsequent weiterentwickeln werden. Dies beinhalte eine noch stärkere Konzentration auf die Gesamtaussage des Abschlusses, die kritische Grundhaltung der Prüfer ebenso wie die Weiterentwicklung forensischer Methoden im Rahmen der Abschlussprüfung. „Eine zukünftig verbesserte Verzahnung von guter Unternehmensführung (Governance), Abschlussprüfung, dem Kapitalmarkt und der Aufsicht über die verschiedenen Akteure muss,“ so Naumann, „auf der Agenda bleiben.“ (DFPA/mb1)
Quelle: Pressemitteilung IDW
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) mit Sitz in Düsseldorf vereint Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deutschlands auf freiwilliger Basis. Das IDW ist ein eingetragener Verein, dessen Zweck gemäß Satzung nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.