Neue EU-Meldepflichten treffen Immobilienfonds und -investoren hart
Die Europäische Union will bei grenzüberschreitenden Transaktionen die Transparenz in Bezug auf Steuern deutlich steigern. Zu diesem Zweck wurde die EU-Amtshilferichtlinie DAC 6 geändert. Kern der Neuregelung ist eine Meldepflicht für alle grenzüberschreitenden Steuergestaltungen. Ab dem 30. Juni 2020 müssen alle Gestaltungen, die den definierten Kriterien entsprechen, innerhalb von 30 Tagen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gemeldet werden. Erfolgt dies nicht, drohen Geldbußen bis zu 25.000 Euro. Für die Immobilien- und Fondsbranche bedeutet das erheblichen Mehraufwand, da künftig alle Investment-Strukturen kontinuierlich daraufhin geprüft werden müssen, ob sie meldepflichtig sind. Unterm Strich werden die Verwaltungs- beziehungsweise Fondskosten steigen, so die Einschätzung der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly.
Martina Hertwig, Partnerin und Steuerberaterin bei Baker Tilly sowie Mitglied des ZIA-Präsidiums, kommentiert: „DAC 6 stellt eine erhebliche Belastung für alle international investierenden Immobilienfonds und -investoren dar. Sie sind von der neuen Meldepflicht betroffen und müssen alle ihre neuen Strukturen screenen und meldepflichtige Fälle reporten.“
Das hat auch organisatorische Folgen für die Unternehmen. Matthias Chuchra, Partner und Steuerberater bei Baker Tilly, kommentiert: „Jeder Fondsanbieter und jeder Investor muss definieren, wer für DAC 6 verantwortlich ist, und Abläufe festlegen. Das Thema muss auch in die IT-Struktur integriert werden. In der Regel erfolgt dies über Tools, mit deren Hilfe mögliche Meldepflichten laufend identifiziert, überwacht und gemeldet werden. Im Ergebnis stellt DAC 6 daher einen weiteren Baustein für das nötige Tax Compliance Management System der Unternehmen dar.“
Um zu definieren, welche Gestaltungen meldepflichtig sind, sieht der Gesetzgeber einen mehrstufigen Prozess vor, in dessen Rahmen Strukturen klassifiziert werden. Im ersten Schritt wird nach Steuerarten geclustert. Relevant für eine Meldung sind beispielsweise Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer, Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer etc. Andere Steuerarten wie etwa die Umsatzsteuer oder Zölle bleiben außen vor. Im zweiten Schritt wird geprüft, ob eine Steuergestaltung tatsächlich grenzüberschreitend ist. Im dritten Schritt wird analysiert, ob eine Gestaltung auf typische Kennzeichen für „steuerliche Gestaltungen“,sogenannte „Hallmarks“, vorliegt.
Zu beachten ist, dass die Meldepflicht nicht nur „steueraggressive“ Steuergestaltungen erfasst, sondern durch die weite Formulierung der „Hallmarks“ auch „ganz normale Konzernsachverhalte“ erfasst werden. So kann zum Beispiel die Vereinbarung eines Cash-Pools, Sale-and-Lease-Back-Gestaltungen oder die schlichte Nutzung von Verlustausgleichs- und Abzugsregelungen in bestimmten Konstellationen zur Anzeigepflicht führen.
DAC 6 bedeutet für die Immobilien- und Fondsbranche daher, dass der regulatorische Aufwand weiter zunimmt. Chuchra dazu: „Wir beobachten in der Praxis, dass die Komplexität sehr hoch ist. Die Umsetzung der oben genannten Richtlinie in nationales Recht ist sehr heterogen und europaweit noch gar nicht vollständig erfolgt. Dennoch sind bei jeder Meldung auch immer die Regelungen des jeweiligen ausländischen Staates zu berücksichtigen, was die Komplexität zusätzlich erhöht. Des Weiteren kostet die Implementierung eines Monitoring-Systems und die laufende Überwachung Geld. Das wird unterm Strich zu einem Anstieg der Verwaltungsgebühren führen und die Rendite der Anleger schmälern.“ (DFPA/JF1)
Quelle: Pressemitteilung Baker Tilly
Baker Tilly gehört zu den größten partnerschaftlich geführten Beratungsgesellschaften Deutschlands und ist Teil des weltweiten Netzwerks Baker Tilly International. In Deutschland ist Baker Tilly mit 1.115 Mitarbeitern an zehn Standorten vertreten. Für die Beratung auf globaler Ebene sorgen mehr als 36.000 Mitarbeiter in 146 Ländern innerhalb des weltweiten Netzwerks unabhängiger Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften Baker Tilly International.