OLG Nürnberg: Versicherer muss über Risiken der Lebensversicherung aufklären
Mit Urteil vom 27. Juni 2016 (Akteneichen: 8 U 2633/14) hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg festgestellt, dass auch bei nach der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) aus dem Jahr 2008 abgeschlossenen Verträgen der Versicherer entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anlagegeschäften verpflichtet ist, den Kunden bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für seinen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind, wenn sich der Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt.
Ob sich eine kapitalbildende Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, weil die vereinbarte Versicherungsleistung gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung ist, ist dabei durch eine Gesamtbewertung des Vertragsinhalts und dem Versicherer bekannter weiterer Umstände, wie einer Kreditfinanzierung der Beiträge, zu ermitteln.
Die Vereinbarung einer Todesfallleistung von 101 Prozent der eingezahlten Prämien und damit die Übernahme des Verlustrisikos der Anlage des Deckungskapitals durch den Versicherer für diesen Fall steht bei wirtschaftlicher Betrachtung der Einordnung eines Versicherungsvertrages als Anlagegeschäft nicht entgegen.
Im konkreten Fall stellte das OLG Nürnberg daher fest, dass weder Vermittler noch Versicherer den Kunden hinreichend über das bestehende Totalverlustrisiko einschließlich das Fremdwährungsrisiko des Schweizer Franken aufgeklärt und die im Konditionenblatt enthaltenen Risikohinweise entwertet hatten. Es sprach daher den Kunden Schadensersatz sowie Freistellung von den Darlehensverpflichtungen zu.
Quelle: Pressemitteilung Eurojuris Deutschland
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