Riesenrad-Beteiligung: Bethmann Bank wegen Falschberatung verurteilt
Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 20. Juli 2017 (Aktenzeichen: 2 19 O 45/15) die Bethmann Bank zum Schadensersatz in Höhe von über zwei Millionen Euro an einen Anleger verurteilt, dem sie im Jahr 2008 zu einer Geldanlage in das Riesenrad „Singapore Flyer“ geraten hat. Dabei verschwieg die Bank, dass direkt neben dem Riesenrad in Singapur ein 55-stöckiges Hotel mit wesentlich höherer Aussichtsplattform als Touristenattraktion gebaut wird, die sich negativ auf die Besucherzahlen des Riesenrads, und damit auf den Erfolg der Beteiligung auswirken könnte.
Es sollte das größte Riesenrad der Welt werden, und wurde von der Bank als „das neue Wahrzeichen Singapurs“ bezeichnet. In der von der Bank erstellten Präsentation hieß es: „Seit diesem Jahr bietet die Stadt nun eine zentral gelegene Attraktion, die mit keiner Aussichtsplattform zu vergleichen ist: Das höchste Aussichtsrad der Welt, den ,Singapore Flyer‘“.
Die Bank hat nach Ansicht des LG Frankfurt am Main ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da sie in der Präsentation zwar konkrete Angaben zur geplanten Entwicklung des Standorts des Riesenrads in Singapur machte, und diese werblich besonders hervorhob, ohne jedoch auf die höhere Plattform hinzuweisen, eine Dachterrasse in 191 Metern Höhe mit Eventprogramm und Unterhaltungspark. Ein objektiver Anleger habe nach Ansicht des Gerichts aber davon ausgehen dürfen, dass sich die Bank mit dem Standort und den dort geplanten Projekten auseinandergesetzt hat, und dass er auch auf solche Projekte hingewiesen wird, die die Rentabilität des „Singapore Flyers“ negativ beeinflussen könnten.
Rechtsanwältin Katja Fohrer von der Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen, die dieses Urteil erstritten hat, meint: „Werbung hat eben ihre Grenzen - die Bank hat sich in der für den Anleger erstellten Kurzinformation zu weit aus dem Fenster gelehnt. Das Gericht hat nun klargestellt, dass die Bank dem Anleger eine objektive Darstellung der Fakten vor Ort schuldet. Dazu gehört eben auch eine mögliche Konkurrenz-Touristenattraktion.“
Die Beteiligung war von der ABN Amro Bank im Jahr 2008 als Private Placement aufgelegt und von der Bethmann Bank (vormals Delbrück Bethmann Maffei AG) nur an besonders vermögende Kunden vertrieben worden. Bereits drei Jahre zuvor, in 2005, hatte die Bethmann Bank den Publikumsfonds Singapore Flyer GmbH & Co. KG aufgelegt. Die Projektgesellschaft in Singapur steht seit 2013 unter Zwangsverwaltung. Die Anleger beider Beteiligungsmodelle haben einen Totalverlust erlitten.
Quelle: Pressemitteilung Mattil & Kollegen
Die Kanzlei Mattil & Kollegen, Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht, mit Sitz in München, ist seit mehr als 20 Jahren im Bank- und Kapitalmarktrecht tätig. (JF1)