Verbraucherschutz: Lebensversicherer wollen teure Altverträge loswerden
Renten- und Lebensversicherer versuchen anscheinend Kunden zu bewegen gut verzinste Altverträge vorzeitig zu beenden. Dem Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale Hamburg liegen dazu Hinweise vor, die den Anbieter Neue Leben Lebensversicherung AG betreffen. Um festzustellen, wie sehr die Praxis in Deutschland verbreitet ist, bitten die Marktwächterexperten betroffene Verbraucher, Briefe von Versicherungsgesellschaften einzusenden, mit denen ihnen eine vorzeitige Vertragsbeendigung vorgeschlagen wurde.
Im einem dem Marktwächter-Team vorliegenden Schreiben des Versicherungsanbieters Neue Leben an eine Verbraucherin heißt es: „Über viele Jahre haben Sie uns einen wichtigen Teil Ihrer Altersvorsorge anvertraut. Dafür danken wir Ihnen.“ Weiter heißt es: „Ihre persönliche Situation, Ihre Ziele sowie Ihre finanziellen Wünsche haben sich vielleicht während der Vertragslaufzeit geändert. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, sich Ihr Guthaben früher auszahlen zu lassen?“ Direkt unter dem Anschreiben wird die Summe genannt, die die Verbraucherin bereits jetzt stornoabschlagsfrei erhalten könnte, wenn sie sich von ihrem Versicherungsvertrag trennt. Ein Formular für die Auszahlung hat der Anbieter gleich beigefügt und bezeichnet die Offerte als Serviceangebot.
Auf Nachfrage beim Anbieter bestätigte dieser den Marktwächterexperten, 30.000 dieser Schreiben im laufenden Jahr an Kunden zu versenden. Dabei handele es sich um Kunden mit klassischen kapitalbildenden Verträgen oder fondsgebundenen Verträgen, die überwiegend vor 2005 abgeschlossen wurden und nach zwölf Jahren Laufzeit steuerfrei ausgezahlt werden können.
Nach einer ersten Einschätzung der Verbraucherzentrale Hamburg zu diesen Schreiben sowie weiteren Hinweisen liegen dem vermeintlich fürsorglichen Brief des Versicherers eigennützige Motive zugrunde. „Der Versicherungsvertrag, der im beschriebenen Fall aufgelöst werden soll, ist 20 Jahre alt“, so Sandra Klug, Leiterin des für Versicherungen zuständigen Hamburger Marktwächter-Teams, und weiter: „Verträge aus dieser Zeit haben einen sehr hohen Rechnungszins von vier Prozent, der auf die Sparanteile der Versicherung gezahlt wird. Da die Vertriebs- und Abschlusskosten für die Police bereits von den Beiträgen der ersten Jahre abgezogen wurden, haben die Verträge eine Rendite, die sich mit ähnlich sicheren Finanzprodukten heute nicht mehr erwirtschaften lässt.“ Noch elf Jahre lang müsste die Neue Leben die hohen Zinsen weiterzahlen, wenn der Versicherungsnehmer seinen Vertrag nicht vorzeitig beendet. „Wir nehmen an, der Anbieter will mit Schreiben wie diesem teure Kunden loswerden. Das Interesse an der persönlichen Lebenssituation ihrer Versicherten scheint uns vorgeschoben“, erklärt Klug.
Quelle: Pressemitteilung Verbraucherzentrale
Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation von 41 deutschen Verbraucherverbänden. Der im Jahr 2000 gegründete Verbraucherverband vertritt die Interessen der Verbraucher gegenüber Politik, Verwaltung, Justiz, Wirtschaft und Öffentlichkeit. (JF1)