Votum: Pläne der Großen Koalition schwächen die Bankenaufsicht
„Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist eine in weiten Teilen inhaltsleere, vor Allgemeinplätzen und Selbstverständlichkeiten strotzende Selbstdarstellung, bei der offensichtlich der aufgeblähte Umfang von 179 Seiten als Begründung für die so langwierige Erstellung dienen soll.“ Zu diesem Fazit gelangt der Finanzdienstleistungsverband Votum in seiner Kommentierung des Koalitionsvertrags. Erschreckend sei, was trotz der Länge des Vertrages nicht den Weg in das Arbeitsprogramm der zukünftigen Regierung gefunden habe und was tatsächlich von ihr als vermeintlich prioritär erachtet werde.
Die Ausführungen zum Finanzmarkt vermittelten streckenweise den Eindruck, als seien sie unmittelbar von der Bankenlobby diktiert worden, heißt es in dem Kommentar. Im Bereich der Bankenregulierung werde durch die Koalitionäre eine Überregulierung erkannt und den kleineren Instituten eine Entlastung in Aussicht gestellt. „So soll sich der Bankenstandort Deutschland in freudiger Erwartung des Brexits attraktiv herausputzen, um Ansiedlungen zu erleichtern“, resümiert Rechtsanwalt Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Votum-Verbands. „Gleichzeitig meint man jedoch, zum Zwecke einer vermeintlich qualitativen Verbesserung der Finanzaufsicht die freien Finanzanlagenvermittler schrittweise der Aufsicht der BaFin unterstellen zu müssen. Die Politiker der Großen Koalition zeigen sich hierbei erschreckend vergesslich und erkennen offenbar nicht, dass eine Übertragung von immer mehr Aufgaben auf die BaFin nicht zu deren Stärkung beiträgt, sondern diese bei der Erfüllung ihrer Kernaufgaben empfindlich schwächt, und sie so weiterhin nicht in die Lage versetzt, ihre volkswirtschaftlich tatsächlich existenzielle Kontrollaufgabe zu erfüllen.“
Nach Meinung von Klein gibt es seit 2013 ein funktionierendes Aufsichts- und Kontrollsystem für die freien Finanzanlagenvermittler. Dies gelte gerade in den Bundesländern, in denen es von den Handelskammern organisiert wird. Die persönliche Kontrolle eines jeden freien Finanzanlagenvermittlers im Wege der Abgabe jährlicher Prüfberichte eines Wirtschaftsprüfers und deren Nachkontrolle durch die jeweilige Industrie- und Handelskammer griffen sehr gut ineinander. „Dieses System ist viel näher an dem zu Beaufsichtigenden als es eine zentrale Behörde wie die BaFin sein kann“, so Klein. Auch die BaFin selbst habe in mehreren Anhörungen darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Wahrnehmung der Aufsicht über die § 34f-Berater durch ihre Behörde nicht als sinnvoll erachte.
Quelle: Kommentar zum Koalitionsvertrag des Votum-Verbands
Der Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. mit Sitz in Hamburg ist die Interessenvertretung der europaweit tätigen Finanzdienstleistungsunternehmen. Der 1995 gegründete Verband repräsentiert rund 75.000 Vermittler der marktführenden Vertriebsunternehmen und Produktgeber der unabhängigen Versicherungs- und Anlageberatung. (jpw1)