IDD – Die wichtigsten Änderungsvorhaben des Gesetzgebers
Gastkommentar von Björn Thorben M. Jöhnke, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Der Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) liegt seit Ende November vor. Der Entwurf wird bereits kontrovers diskutiert und kritisiert. Die wichtigsten Inhalte werden zusammengefasst:
1. Honorar-Versicherungsberater
Der Versicherungsberater gemäß § 34e GewO soll durch den „Honorar-Versicherungsberater“ nach § 34d Absatz 2 GewO-E ersetzt werden. Dieser soll zukünftig auch eine Vermittlung des vom Versicherungsnehmer gewünschten Versicherungsvertrags vornehmen dürfen. Die Vergütung soll weiterhin der Versicherungsnehmer tragen. Auch enthält § 34d Absatz 2 GewO-E die Verpflichtung des Honorar-Versicherungsberaters bei Gleichwertigkeit der Tarife, einen Nettotarif zu empfehlen. Ist jedoch nur ein courtagepflichtiger Tarif für den Kunden geeignet, so kann der Honorar-Versicherungsberater auch einen solchen Tarif vermitteln. Erhaltene Vergütungen des Versicherers sind von ihm jedoch an den Versicherungsnehmer auszukehren. Verstößt der Honorar-Versicherungsberater gegen diese Verpflichtung, so handelt er nach § 144 GewO-E ordnungswidrig.
2. Provisionsabgabeverbot
Das Provisionsabgabeverbot wird neu gesetzlich geregelt. Nach § 34d Absatz 1 Satz 6 GewO-E i.V.m. § 48b VAG-E soll es dem Versicherungsvermittler nicht mehr gestattet sein, dem Versicherungsnehmer oder der versicherten Person oder dem Bezugsberechtigten Sondervergütungen abzugeben. Zu den Sondervergütungen zählen auch Provisionen. Ein Verstoß hiergegen soll mit einer Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
3. Verbot der Annahme von Kundenvergütungen
Künftig wird es allen Versicherungsvermittlern verboten sein, sich vom Verbraucher vergüten zu lassen. In § 34d Abs.1 GewO-E wird die Regelung aufgenommen, wonach der Versicherungsvermittler sich seine Tätigkeit nur durch den Versicherer vergüten lassen kann. Honorarvereinbarungen und Servicepauschalen werden damit künftig nicht mehr unmöglich. Eine Vermittlung von courtagefreien Tarifen durch den Vermittler wird damit nicht mehr stattfinden, denn ein Honorar kann vom Kunden nicht mehr verlangt werden. Es besteht damit kein wirksamer Vergütungsanspruch mehr.
4. Änderung des Provisionssystems
Versicherer könnten auch gehalten sein, ihre bisherigen Provisionen und Courtagen zu ändern. Denn § 48a VAG-E sieht vor, dass Vertriebsvergütungen nicht mit der Pflicht des Vermittlers kollidieren dürfen, im bestmöglichen Kundeninteresse tätig zu werden. Damit sollen „falsche Vertriebsanreize“ verhindert werden. Die Zahlung von erhöhten Provisionen und Courtagen für bestimmte Tarife innerhalb einer Produktgruppe dürfte damit unzulässig sein sowie die Möglichkeit Sonderzahlungen („Bonifikation“) bei Erreichen bestimmter Verkaufszahlen zu zahlen.
5. Besondere Verhaltenspflichten bei Versicherungsanlageprodukten
Gerade die Beratungspflichten bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten (zum Beispiel fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen) sollen sich zukünftig stärker an den Beratungspflichten bei der Vermittlung sonstiger Anlageprodukte orientieren. Vor Allem sollen die Bestimmungen der §§ 7a, 7b VVG-E ins Gesetz eingeführt werden, welche nach § 59 VVG-E auch für Versicherungsvermittler und den Honorar-Versicherungsberater gelten sollen. Die neuen gesetzlichen Regeln sollen die bisherigen Beratungspflichten nach §§ 6, 61 VVG weiter konkretisieren. Versicherer und Versicherungsvermittler sind danach zukünftig verpflichtet, den Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsanlageproduktes über seine Kenntnisse und Erfahrungen im Anlagebereich zu befragen sowie die finanziellen Verhältnisse und das Risikoprofil des Versicherungsnehmers zu ermitteln. Die gesetzlichen Regelungen würden damit den bereits zur Beratung von Anlageprodukten geltenden Regelungen (zum Beispiel FinVermV) weitestgehend entsprechen.
6. Erweiterung der Erlaubnispflicht auf Schadensregulierer und Vergleichsportale
Der Entwurf empfiehlt ebenfalls die Erweiterung der Erlaubnispflicht nach § 34d GewO. Danach soll auch die Mitwirkung bei der Schadensregulierung zukünftig eindeutig als Versicherungsvermittlung eingestuft werden. Auch die Anbieter von Vergleichsportalen im Internet, welche bislang oftmals als Tippgeber fungierten, sollen zukünftig von der Erlaubnispflicht nach § 34d GewO-E erfasst sein.
Zusammenfassung
Der Referentenentwurf erscheint in vielen Punkten unvollkommen und missglückt. Gerade die Trennung zwischen Versicherungsvermittlern und Honorar-Versicherungsberatern ist verfehlt. Das Verbot der Annahme von Vergütungen von Versicherungsnehmern durch Versicherungsvermittler ist fehlgeleitet und berücksichtigt in keinster Weise die besondere Stellung des Versicherungsmaklers als Sachwalter des Versicherungsnehmers. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Versicherungsmakler nicht vom Versicherungsnehmer bezahlt werden können soll, von dem er schließlich auch beauftragt wird.
EXXECNEWS-Autor Björn Thorben M. Jöhnke ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte, Hamburg. Der Beitrag ist zuerst erschienen in EXXECNEWSLEGAL Beilage 09/2016.