Insurtech-Start-ups: Eine Zwischenbilanz
Die ersten Insurtech-Start-ups mit Lizenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sind seit rund fünf Jahren am Markt und haben sich als Wettbewerber etabliert. Ihr Anteil an den Beitragseinnahmen bleibt jedoch noch gering. Das meldet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die digitale Transformation des Versicherungsmarkts verändere die Anbieterlandschaft. Die etablierten Versicherer seien dabei, ihre Geschäftsstrategien anzupassen. Neue Anbieter seien auf den Markt gekommen. Dazu gehört eine Vielzahl von Insurtech-Start-ups – das heißt. neu gegründete Anbieter mit technologiegetriebenen Geschäftsmodellen.
Laut einer Studie von unter anderen InsurLab Germany gibt es in Deuschland 128 Insurtech-Start-ups. Da die Voraussetzungen für eine Versichererlizenz sehr hoch sind, beschränkt sich der Großteil auf einzelne Bereiche der Wertschöpfungskette und sucht die Zusammenarbeit mit etablierten Anbietern. Eine BaFin-Zulassung als Versicherer haben bisher sieben Krankenversicherer. Zu den Anteilseignern gehören dabei zum Teil auch traditionelle Versicherer. Neugründungen von Versicherern sind aufgrund der hohen Markteintrittskosten (gefordertes Kapital, Kosten für Geschäftsbetrieb und IT) selten. Die auf den ersten Blick moderate Zahl an BaFin-lizenzierten Start-ups ist daher im Kontext der Gesamtzahl an neuen Nicht-Lebensversicherern zu sehen: Im Zeitraum 2017 bis 2022 entfiel die Hälfte der Neuzulassungen durch die BaFin auf Insurtech-Start-ups – eine größere Zahl als Neuzulassungen auf Grund von Unternehmensverlagerungen im Zuge des Brexit. Die Insurtech-Start-ups zeichnen sich durch sehr hohe Wachstumsraten aus. Ihre aggregierten Beitragseinnahmen haben im Jahr 2021 eine Größenordnung im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich erreicht (BaFin-Erstversicherungsstatistik, ein Anstieg von rund 100 Prozent gegenüber 2020). Gemessen an den Gesamtbeitragseinnahmen der Nicht-Lebensversicherer unter BaFin-Aufsicht von über 140 Milliarden Euro sei dies jedoch noch sehr moderat (Marktanteil circa 0,03 Prozent).
Am deutschen Versicherungsmarkt sind auch einige prominente Insurtech-Start-ups mit Sitz in einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) per Europäischen Pass tätig, deren Geschäft in den BaFin-Daten nicht enthalten ist. Auch für diese Versicherer bleibt der Marktanteil jedoch bisher gering. Die wichtigsten Anbieter können 2021 Beitragseinnahmen in Deutschland im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich vorweisen. Damit bestätigt sich die Erfahrung aus der Vergangenheit: selbst erfolgreiche Start-ups im Versicherungsbereich benötigten einen längeren Zeitraum, um signifikante Marktanteile zu erlangen. Dort schlägt sich unter anderem der Langfristcharakter des Versicherungsgeschäfts und der Zeitbedarf zum Aufbau eines Kundenstamms nieder. Hinzu komme, dass ein Markteintritt keineswegs immer im angestrebten Maße gelingt, ein neuer Versicherer ist mit intensivem Wettbewerb konfrontiert. In jüngster Zeit zeigten sich Konsolidierungstendenzen auch bei den Start-ups. So hat 2022 ein Insurtech-Start-up seine Versicherer-Lizenz wieder zurückgegeben und seinen Bestand auf ein anderes Insurtech-Start-up übertragen. (DFPA/mb1)
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation der privaten Versicherer in Deutschland. In dem Verband sind rund 460 Mitgliedsunternehmen mit 490.000 Mitarbeitern, 454 Millionen Versicherungsverträgen und einem Kapitalanlagebestand von etwa 1,8 Billionen Euro zusammengeschlossen.