Simon-Kucher & Partners: Deutsche Versicherer bereit für künstliche Intelligenz?
Die Versicherungsbranche erhofft sich viel vom zunehmenden Einsatz intelligenter Technologien. Und das nicht ohne Grund: In kaum einer anderen Industrie werden mehr Daten erhoben als in der Assekuranz. Doch die meisten Digitalisierungsinitiativen der Versicherer scheitern. Erfolgreiche Anwendungsbeispiele von selbstlernenden Systemen in der Assekuranz gibt es bereits, etwa auf dem chinesischen Markt. Und auch auf dem deutschen Versicherungsmarkt ist künstliche Intelligenz (KI) schon eingezogen. So nutzt die Versicherungskammer Bayern für ihre Kundenkorrespondenz eine Software, die sich eines intelligenten Algorithmus bedient und die eingehenden Schreiben nach Schlagworten und Dringlichkeit sortiert. Darauf verweist die Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners.
„Was diese Beispiele gemeinsam haben: Sie haben keinen Einfluss auf die Umsatzseite, sie sorgen lediglich für Effizienzsteigerungen auf der Kostenseite“, erläuterte Maximilian Effing, Manager bei Simon-Kucher & Partners, in seinem Vortrag auf dem Innovationslabor der Assekuranz, das am 13. November in Köln stattfand. „Und das scheint ein generelles Problem zu sein, wie die Ergebnisse unserer ,Global Pricing&Sales Study 2017‘ zeigen.“ Denn knapp 80 Prozent der Versicherungshäuser aus der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) konnten mit ihren Digitalisierungsinitiativen keinen messbaren Ertrag verbuchen. „Oft mangelt es schon an den Basics. Wenn selbst beste Leads mit Hilfe von digitalen Technologien nicht systematisch angegangen werden, dann ist es für den Einsatz künstlicher Intelligenz einfach noch zu früh."
In diesem Stadium sollten Versicherungsunternehmen zunächst digitale Lösungen für die offensichtlichen Hemmnisse im Vertrieb und im Verkaufsprozess, wie zum Beispiel dem Kundenbestandsmanagement, entwickeln und implementieren, bevor sie im wilden Aktionismus eine Vielzahl komplexer KI-Systeme und Machine Learning (ML)- Algorithmen einsetzten.
„Unsere Projekterfahrung zeigt, dass insbesondere im Bereich ML viele Projekte in der Assekuranz deshalb scheitern, weil die Bedürfnisse des Kunden und dessen Zahlungsbereitschaft nicht ins Zentrum des Entwicklungsprozesses gerückt werden. Zudem ist die Datenqualität oft nicht gut, was zu falschen Schlussfolgerungen führt“, so Effing.
Im ersten Schritt sollten Versicherer ihre Verkaufsprozesse mittels simpler, kundengetriebener Konzepte optimieren. „In der Versicherung direkt mit ML und KI zu starten, ist unklug - zunächst gilt es, die Bedürfnisse der Kunden zu analysieren. Anschließend sollten die Versicherer dem Kunden, basierend auf seinen Präferenzen, Bedürfnissen und Zahlungsbereitschaften, im Verkaufsprozess ein personalisiertes, maßgeschneidertes Angebot präsentieren - mit individuell-passenden Produktvorschlägen. Erst wenn diese Hausaufgaben erfüllt sind, kann man schrittweise KI- und ML-Maßnahmen entwickeln und pilotieren, um seine Digitalisierungsinitiativen auf das nächste Level zu heben“, fasste Effing zusammen.
Quelle: Pressemitteilung Simon-Kucher & Partners
Simon-Kucher & Partners ist eine global tätige Unternehmensberatung mit Fokus auf Marketing-, Vertriebs- und Pricing-Strategien. Simon-Kucher wurde im Jahr 1985 gegründet und beschäftigt 1.200 Mitarbeiter in 24 Ländern weltweit. (mb1)