Versicherer warnen vor hohen Kosten durch EU-Pläne für Finanzdatenzugang
Die EU-Kommission will es Kunden erleichtern, ihre eigenen Daten bei Versicherungen und Banken für sie selbst oder einen Drittanbieter zur Verfügung zu stellen. Die deutschen Versicherer sehen die Umsetzungsvorschläge skeptisch, so mahnt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Die Pläne der EU-Kommission für einen offenen Zugang zu Finanzdaten stoßen bei den deutschen Versicherern auf Skepsis. „Digitale Lösungen müssen auf Kundenbedürfnisse eingehen, dafür ist es wichtig zu wissen, was Kunden wollen. Auch wenn wir die Idee von zugänglichen und nutzbaren Finanzdaten begrüßen: Die benötigten Schnittstellen und Datenstandards verursachen hohe Kosten, ohne genau zu wissen, ob ein tatsächlicher Kundenbedarf vorhanden ist. So müssen Unternehmen im schlimmsten Fall am Kundenbedürfnis vorbeiinvestieren“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Damit das Ziel des Entwurfs erreicht wird, bedürfe es mehr Klarheit in den Anforderungen und in den Anwendungsfällen.
Die EU-Kommission will es Verbrauchern erleichtern, ihre eigenen Daten bei Versicherungen, Banken und Zahlungsdienstleistern für sie selbst oder einen Drittanbieter zur Verfügung zu stellen. Damit sollen sie individuellere Produkte, bessere Datenzugang und eine bessere Entscheidungsgrundlage für finanzielle Entscheidungen bekommen. Aufgrund der großen Vielfalt der Produkte der Versicherungswirtschaft würden das definierte Regelwerk einen Großteil der Versichertendaten ausmachen. „Die EU-Kommission will die Unternehmen innerhalb kurzer Zeit verpflichten, komplexe Zugänge für große Teile der Daten bei Versicherungen zu schaffen“, sagt Asmussen. Die vollständige Implementierung in den Unternehmen sowie die Inbetriebnahme der technischen Infrastruktur könne zu erheblichen Kosten führen. Eine große Herausforderung seien auch die nötigen Datenstandards, die es zurzeit noch nicht gibt. Grundsätzlich positiv sehen die Versicherer, dass die Finanzindustrie die Entwicklung dieser Standards selbst vorantreiben soll. Um greifbare Ergebnisse für die Kunden erzielen zu können und die Unternehmen wirtschaftlich nicht zu überfordern, fordern die Versicherer ein schrittweises Vorgehen. „Die EU sollte zunächst konkret definierte Anwendungsfälle mit greifbarem Kundennutzen pilotieren. Fallen die Pilotergebnisse positiv aus, könnten die einbezogenen Daten sukzessive erweitert werden“, sagt Asmussen. „Es ist wichtig, dass das Vorhaben kein Schnellschuss wird.“ Konkret setzen sich die Versicherer dafür ein, dass zum Start der Umfang der Daten reduziert und die Umsetzungszeit von den vorgesehenen 24 Monaten auf 36 Monate verlängert wird.
Ein weiterer Anpassungsbedarf bestehe in der Proportionalität von versicherungsüblichen Verträgen. Der Anwendungsbereich des Gesetzesentwurfs behandele alle Verträge gleich. Teilweise laufen Versicherungsverträge jedoch seit Jahrzehnten. „Es wäre unverhältnismäßig, mit Rechtsunsicherheiten verbunden und kostspielig, alle bestehenden Verträge rückwirkend an die neuen Datenzugangs-Anforderungen anzupassen. Das würde kleine als auch mittlere Versicherer wirtschaftlich und personell überfordern“, so Asmussen. Der GDV will deshalb auch in diesem Jahr Versicherungskundinnen und -kunden befragen. (DFPA/mb1)
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation der privaten Versicherer in Deutschland. In dem Verband sind rund 460 Mitgliedsunternehmen mit knapp 490.000 Mitarbeitern, 466 Millionen Versicherungsverträgen und einem Kapitalanlagebestand von etwa 1,8 Billionen Euro zusammengeschlossen.